Donnerstag, 15. März 2018

Nur gemeinsam hl

LosungDie Befehle des HERRN sind richtig und erfreuen das Herz. Psalm 19,9 

LehrtextJesus spricht: Wenn ihr meine Gebote haltet, so bleibt ihr in meiner Liebe, wie ich meines Vaters Gebote halte und bleibe in seiner Liebe. Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde. Johannes 15,10-11 

Liebe Leserin, lieber Leser,

drehe und wende es wie du willst: Ohne die Juden gäbe es die Bibel nicht und ohne die Bibel gäbe es die Juden nicht (mehr). Ohne die beiden wäre die Geschichte Europas völlig anders verlaufen und höchstwahrscheinlich würde es dann auch uns nicht geben und schon gar nicht unseren christlichen Glauben. Man muss nur kurz ein bisschen nachdenken, um zu diesem Ergebnis zu kommen. Denn die Bibel ist aus dem Glauben der Juden in einem Zeitraum von etwa 1000 Jahren „hervorgewachsen“ und die Juden wurden durch die Schriften der Bibel (des Alten Testaments) zu denen, die sie sind: Zu einem stolzen Volk unter einem großen Gott. Ihre Identität, ihr Selbstverständnis ist durch den Glauben geprägt und damit durch ihre Riten und Gebote, Gesetze und Gebete, Geschichten und Lebensweisheiten. 
     Die Juden wären, wie andere Völker auch, unter der Herrschaft altorientalischer Kulturen und Religionen und später unter der Herrschaft christlicher Völker längst untergegangen, „eingeschmolzen“ und aufgegangen, hätten sie nicht in Freude und mehr noch im Leid an ihrer Religion und somit an ihrem Gott festgehalten, hätten sie sich nicht an ihre Gebote und Gesetze geklammert (Losung) und ihr Leben auch im Exil, in der Fremde danach ausgerichtet. Und auch wenn heute die Mehrheit der Juden mindestens so säkular und atheistisch ist wie die Mehrheit der Christen, das was sie zu Juden macht, ist nicht die Rasse (was immer das sein soll), sondern die gemeinsame religiöse Herkunft, ihre Tradition und ihre gemeinsame, dreitausendjährige Leidensgeschichte.
     Auch unser Glauben wurzelt in dem der Juden und ihrer Geschichte: Jesus war Jude wie alle seine Jünger und Apostel. Und auch das neue Testament ist, soweit man es wissen kann, von Juden und ihren Nachkommen geschrieben. 
     Eigentlich müsste das schon genügen, um eine prinzipielle Judenfeindschaft der Christen ein für alle Mal auszuschließen. Aber offenbar ist es da wie in mancher Familie: Je näher man beieinander und je ähnlicher man sich ist , desto mehr streitet man sich. Die Eltern wollen, dass die Kinder so werden wie sie sind, aber die Kinder, vor allem in der Pubertät, wollen das um keinen Preis. Mir ist klar, dass diese Argumentation etwas kurz greift. Das ganze Verhältnis zwischen Juden und Christen ist komplexer. Und doch glaube ich, dass da etwas dran ist.
     Was in der heutigen Losung steht, können viele Juden nach wie vor unterschreiben. Denn ohne die vielen Gebote und Verbote, Weisungen, Regeln und Befehle, ohne das mosaische Gesetz im Alten Testament, gäbe es sie nicht mehr.
     Und wie ist das mit uns Christen? Macht der Glaube auch unser Selbstverständnis, unsere Identität aus? Wirkt er sich aus auf unser Leben, unser Verhalten, unsere Werte und die Regeln des Zusammenlebens? Das muss wohl jeder für sich beantworten. Im Unterschied zu den Juden, haben die vielen Gebote und Verbote des Alten Testaments für uns – mit Ausnahme der Zehn Gebote – keine Bedeutung. 
     Aber da ist noch ein Gebot, das man unter den vielen anderen bereits im Alten Testament findet, das aber Jesus heraushebt und über alle anderen stellt. Ein Gebot, das durch die Jahrtausende hindurch Christen zu Christen macht, was sie sonst nicht wären. Es ist das Gebot, Gott über alle Dinge zu lieben, in gleicher Weise unseren Nächsten und das alles wie uns selbst. Jesus spitzt das noch zu, indem er sagt, dass wir auch unsere Feinde lieben sollen. Wer es nachlesen möchte, bitte sehr: Matthäus 5,44; Lukas 6,27+35; Lukas 10,25-37; Römer 12,20+21; Lukas 23,34. Diese Worte lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig.
     Das also sind die Gebote Christi (Lehrtext), die wir halten, das ist seine Liebe, in der wir bleiben sollen. Dann, so heißt es bei Johannes, wird seine Freude in uns bleiben und unsere Freude vollkommen sein.
     Stellen wir uns doch bloß mal für einen kurzen Moment vor, Christen hätten im Laufe der letzten 2000 Jahre dieses Gebot befolgt. Wie viel unermessliches Leid wäre nicht geschehen! Wie viel Lebensfreude wäre stattdessen gewesen! Aber so …
     Was meinst du, lieber Leser, liebe Leserin, könnten wir nicht damit beginnen, wenigstens in Ansätzen das Liebesgebot Jesu zu erfüllen und auch das Böse, dass uns angetan wird, mit Gutem zu vergelten? Vielleicht meinst du jetzt, das sei weltfremd. Ja, das stimmt. Aber das stimmt ja auch, dass wir Christen nicht von dieser Welt sind, sondern in dieser Welt und dass wir „in ihr keine bleibende Stadt haben, sondern die zukünftige suchen“ (Hebräer 13,14). Ich nehme mir immer wieder vor, das Liebesgebot Jesu zu erfüllen. Ich weiß aber auch, dass ich es allein nicht schaffe. Doch wenn du diesen Weg der kleinen Schritte mitgehst, kommen wir gemeinsam weiter.

GebetHerr, wir können einmal nicht ohne die Juden vor deinen Thron kommen und sie nicht ohne uns. Nur gemeinsam wirst du uns akzeptieren. Wir können auch nicht ohne die Mitglieder anderer Religionen zu dir kommen und auch nicht ohne die Ungläubigen. Nur gemeinsam wirst du uns akzeptieren. Denn wir alle sind deine Kinder und keines von uns bevorzugst du und keines benachteiligst du. Und darum will ich in denen, die anders sind als ich, keine Fremden oder gar Feinde sehen, sondern Brüder und Schwestern. Und darum will ich mit meiner Liebe in dir bleiben, weil du mit deiner in mir bleibst. Ja, das will ich. Doch dazu brauche ich deine Hilfe. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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