Freitag, 17. März 2017

Wie flickt man ein Fischernetz? hl

LosungWeise mir, HERR, deinen Weg, dass ich wandle in deiner Wahrheit. Psalm 86,11 

LehrtextJesus sah zwei Brüder, Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder, im Boot mit ihrem Vater Zebedäus, wie sie ihre Netze flickten. Und er rief sie. Sogleich verließen sie das Boot und ihren Vater und folgten ihm nach. Matthäus 4,21-22 

Liebe Leserin, lieber Leser,

weißt du wie man ein Fischernetz flickt? Ich habe keine Ahnung. Ich stelle mir das aber ziemlich langweilig vor, vor allem für einen jungen Mann, der das Leben noch vor sich hat und allerlei Träume in seinem Kopf. Und da kommt plötzlich „der Sinn des Lebens“ auf zwei Beinen um die Ecke und sagt: „Komm!“ Der junge Mann schaut ihm in die Augen und weiß: Das ist es. Das will ich. Das ist meine große Chance. Und er schmeißt das Netz mit dem Flickzeug hin, sagt dem Vater Lebewohl und geht mit dem Fremden davon. Und weil das noch nicht genug ist, tut es sein Bruder ihm gleich (Lehrtext).
     Da sitzt er nun, der Vater, mit offenem Mund und weiß nicht, wie ihm geschieht. Ob er seinen Söhnen noch etwas nachgerufen hat? Oder ob er einfach nur sprachlos war? Man weiß es nicht. Aber ich kann mir denken, was sich Zebedäus dachte: Ich war doch auch mal jung, hatte Träume und Pläne. Aber ich habe getan, was der Vater sagte und bin Fischer geworden wie er. Dieser „saubere“ Herr Jesus, taucht da plötzlich wie aus dem Nichts auf und nimmt mir ohne zu fragen meine Söhne weg. Und jetzt? Was wird jetzt? Ich kann doch das Boot nicht alleine steuern und dann noch ohne Hilfe fischen. Und wer kümmert sich um mich, wenn ich zu alt dazu bin? Und was soll ich der Mutter sagen? …
     Wie soll man diese Geschichte erklären? Man kann die Härte, die in ihr steckt, mit noch so vielen theologischen Spitzfindigkeiten nicht wegerklären. Die einzige Möglichkeit sehe ich darin, sie vom Ende her zu verstehen, von der Kreuzigung und Auferstehung Jesu her. Dass Gott in Jesus die Welt mit sich am Kreuz versöhnt hat und uns durch die Auferweckung seines Sohnes aus dem Bösen und dem Tod gerettet hat, - das hat ihn einen hohen Preis gekostet, den Tod seines Sohnes, und auch den Vater Zebedäus, nämlich den Verlust seiner Söhne Johannes und Jakobus. Wenn überhaupt, dann hat auch Zebedäus das alles erst sehr viel später verstanden. Offenbar brauchte Jesus seine Jünger, um auf seinem Weg zum Kreuz durchzuhalten und auch als Zeugen seiner Auferstehung, damit durch sie viele Menschen davon erführen, dass Gott sie liebt und rettet. Letzten Endes haben auch wir, du und ich, so davon erfahren.
     Als jungen Mann hat mich diese Geschichte fasziniert: Da trifft jemand eine radikale Entscheidung und folgt dem Ruf Jesu, folgt seinem Herzen und geht konsequent seinen Weg ohne Rücksicht auf die Eltern und die Gesellschaft. Er tut das, weil er das Gefühl hat, für eine große Sache gebraucht zu werden und dazu einen bedeutenden Beitrag leisten zu können. Ich kann das noch immer verstehen. Sehe aber inzwischen auch das große Leid, das damit anderen angetan wird. 
     Meine Entscheidung damals, Theologie zu studieren und Pfarrer zu werden hat damit nur sehr wenig zu tun. Ich bin sozusagen im Schoß der Familie und der Gesellschaft geblieben, musste keine besonderen Entbehrungen auf mich nehmen, konnte ein gutbürgerliches, finanziell gesichertes Leben führen. Die kirchensteuerfinanzierte Kirche bietet ihren Mitarbeitenden ein gemachtes Bett. Da darf man allen wohl und muss man keinem wehe tun. 
     Bevor ich anderen Ratschläge erteile, welchen Weg sie gehen sollen, will ich zuerst Gott mit dem heutigen Losungswort bitten, mir den Weg zu zeigen, den ich gehen soll und dabei in seiner Wahrheit bleiben. Was das ist "seine Wahrheit" steht gleich nach der Losung im Psalm 86: »Aber du bist ein gnädiger und barmherziger Gott. Deine Geduld ist groß, deine Liebe und Treue kennen kein Ende.« Dabei will ich bleiben auch in schwierigen Zeiten. Diese Wahrheit, diesen Glauben durchzuhalten, ist schwer genug.

Gebet: Herr, bei dir zu bleiben in Freude und Leid, ist für das wankelmütige, menschliche Herz nicht leicht. Die Versuchung ist groß, dich zu vergessen, wenn es uns gut geht. Und wenn es uns schlecht geht, sind wir gleich mit dir beleidigt. Wie schnell werden wir dir gegenüber ungerecht, der du doch barmherzig, geduldig und treu bist. Vergib uns diesen Wankelmut und schenke einen treuen Glauben. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

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