Montag, 16. Januar 2017

Was Menschen von Gott wissen können hl

Losung: Ich bin der Erste, und ich bin der Letzte, und außer mir ist kein Gott. Jesaja 44,6

Lehrtext: Ich beuge meine Knie vor dem Vater, der der rechte Vater ist über alles, was da Kinder heißt im Himmel und auf Erden. Epheser 3,14-15

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn jemand seine Nasenspitze einen Zentimeter aus der Haustüre herausstreckt und dann behauptet, er hätte eine Weltreise gemacht, so ist das nur lächerlich. Noch viel lächerlicher ist, wenn Menschen zum Mond fliegen und behaupten, sie seien Weltraumfahrer oder Astronauten oder Kosmonauten. Im Vergleich zur Größe des Weltraums ist die Reise zum Mond kürzer als der Zentimeter an der Haustür. Und doch flößt uns die Berufsbezeichnung „Astronaut“ Respekt und Achtung ein. Am lächerlichsten aber ist es, wenn ein Mensch von Gott spricht und behauptet, er wisse, wer Gott sei. Da weiß ein Frosch noch mehr vom Ozean.
Gott bleibt für uns Menschen ein unauslotbares Geheimnis. Auch für jeden Theologen und sei er noch so gescheit. Wenn wir von Gott reden, so tun wir gut daran, erst einmal ganz bescheiden zu werden und uns darüber im Klaren zu sein, wie wenig ein Sterblicher den Ewigen erfassen kann. Er, der Erste und Letzte, überragt seine gesamte Schöpfung. Aber auch diese Aussage trifft noch nicht zu. Er ist das Ganze, und seine Schöpfung so viel wie eine geniale Idee.
Ja, dem größten und dem kleinsten Menschen, dem mächtigsten und dem ohnmächtigsten, dem reichsten und dem ärmsten, dem klügsten und dem dümmsten Menschen – ihnen allen, uns allen bleibt, wenn wir uns der Majestät Gottes bewusst werden, nichts anderes übrig, als vor ihm staunend auf die Knie zu gehen, ihn anzubeten und zu preisen.
So haben es die prächtigen Könige und die zerlumpten Hirten im stinkenden Viehstall vor der Futterkrippe getan, in der dieser Gott gelegen hat. So hat er sich uns gezeigt, weil wir ihn anders nicht begreifen können denn als Menschensohn. Weil wir sonst das, was wir in unserer Fantasie für mächtig und majestätisch halten mit Gott verwechseln und unsere Vorstellung von ihm in den Himmel projizieren.
Doch Jesus war kein verwunschener Gott wie der Froschkönig ein verwunschener Prinz ist. Er war ganz und gar Mensch, hatte Hunger und Durst, hat gelacht und geweint und mit den Menschen gefeiert (zum Beispiel auf der Hochzeit zu Kana) und dabei Wein getrunken und höchstwahrscheinlich auch gesungen und getanzt. Und schließlich hatte er Angst (Gethsemane), litt entsetzlich darunter, als er sich von Gott und seinen Freunden verlassen glaubte und ist qualvoll am Kreuz gestorben. Gott hat in diesem Menschen mitgelitten an unserer gottesblinden Menschenwelt und ist doch Gott geblieben.
Das gehört zu den letztlich nicht erklärbaren göttlichen Geheimnissen, dass Jesus Gott und Mensch zugleich war: Er gehörte und gehört ganz und gar auf unsere Seite und zugleich ganz und gar auf Gottes Seite. So bringt er in sich unseren himmlischen Vater mit uns zusammen. So treffen sich in ihm die Geschöpfe mit ihrem Schöpfer, die Menschen mit ihrem Gott. So versöhnt und verbindet er uns Erdenkinder mit unserem Himmelvater, uns Sterbliche mit dem Ewigen, uns Sünder mit dem Heiligen. So ist der Schnittpunkt des Kreuzes Jesu, der Treffpunkt des senkrechten mit dem waagerechten Balken, des Göttlichen mit dem Menschlichen zugleich das Zentrum seiner Botschaft, das Zentrum seines Lebens, die Antwort auf alle Fragen, die Lösung aller Geheimnisse.
Das ist es, was wir Menschen von Gott wissen  können. Mehr ist in diesem Leben nicht möglich. Mehr ist auch nicht nötig. (für Interessierte: Informationen zur Christologie)
Zuletzt bringe ich noch ein Wort aus dem Hebräerbrief, das deutlich macht, was das alles für uns bedeutet: »Doch Jesus Christus gehört nicht zu denen, die unsere Schwächen nicht verstehen und zu keinem Mitleiden fähig sind. Er musste mit denselben Versuchungen kämpfen wie wir, doch im Unterschied zu uns hat er nicht gesündigt. Er tritt für uns ein, daher dürfen wir mit Zuversicht und ohne Angst zu Gott kommen. Er wird uns seine Barmherzigkeit und Gnade zuwenden, wenn wir seine Hilfe brauchen(Hebräer 4,14.15)

Gebet: Herr, um mich für immer mit Gott zu verbinden, bist du den Menschenweg gegangen, weil du mir so in meinen Freuden, aber auch in meinen Leiden nahe sein kannst. In dir begegnet mir mein himmlischer Vater. In dir begegne ich ihm. In dir bin ich alles für ihn. In dir ist er alles für mich. Aus dir spricht sein heilsames Wort. Aus dir schaut sein liebevoller Blick. Durch dich hilft er mir mit starker Hand. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Siehe auch Losungsauslegung vom 16. Februar 2016: Für immer verbunden

2 Kommentare:

  1. Danke für den Link zur Christologie. Wie die Trinitätslehre zu verstehen ist und wie man einen Ausweg aus den dabei entstehenden Paradoxa findet, ist demnach auch unter Theologen sehr umstritten. Ich als Laie warte mal ab, bis sich die Fachleute geeinigt haben, und denke mir meinen Teil.

    AntwortenLöschen
  2. Dass Sie sich, lieber Thomas Jakob, Ihren „Teil denken“ ist ja der Sinn dieses Blogs mit dem Titel „Nachdenken über die Bibel“. Im Sinne von Kant soll sich auch bei Glaubensfragen jeder seines eigenen Verstandes bedienen. Doch wenn Sie abwarten wollen, bis sich die Fachleute geeinigt haben, müssen Sie schon sehr alt werden, etwa so wie Noah. Aus meiner Sicht ist es eine Eigentümlichkeit des Glaubens, dass man beim Nachdenken über Gott immer wieder auf Paradoxa stößt, die mit unserem begrenzten Verstand nicht auflösbar sind.

    AntwortenLöschen