Freitag, 30. September 2016

Ehrlich zu mir hl

Losung: Ach HERR, strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm! Psalm 6,2

Lehrtext: Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. Römer 8,34

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich konnte lange Zeit mit solchen Bibelworten wie der heutigen Tageslosung nichts anfangen. Mit einem zornigen und strafenden Gott wollte ich nichts zu tun haben. Das ist noch immer so. Denn ich bringe einen solchen Gott nicht mit dem himmlischen Vater zusammen, der sich seinen Menschen in Jesus Christus gezeigt hat. Und trotzdem macht mich das Losungswort nachdenklich. Ich frage nach dem Menschen, der so redet wie im Psalm 6 und warum er das tut. Sein Gewissen sagt ihm, dass er mit seinem Leben vor Gott nicht bestehen kann. Schonungslos prüft er sich selbst und stellt fest: Eigentlich hätte ich Gottes Strafe und Zorn verdient. Aber ich will ihn bitten, dass dies nicht geschieht.
Was dieser Mensch wohl getan hat, dass er so denkt? Ich glaube nicht, dass er eine besondere Untat begangen hat. Er kennt sich nur selbst ziemlich genau und weiß, was wirklich hinter seiner Stirn vorgeht und im tiefsten Grunde seines Herzens. Er weiß um das Negative, das in ihm steckt, auch um die Versuchung zum Bösen. Letzten Endes ist er nur ehrlich zu sich selbst.
Gibt es eigentlich solche Menschen noch? Leute, die Skrupel haben? Die wissen, was ein schlechtes Gewissen ist? Die ihre Schuld drückt und ihre Sünden belasten? Denen durchaus bewusst ist, dass sie sich nicht am eigenen Schopf aus ihrem Sumpf ziehen können? Und die darum in sich das Verlangen haben, von all dem Negativen befreit zu werden, nicht zuletzt von ihrer Selbstgerechtigkeit und Rechthaberei? Kennst du solche Menschen?
Jaja, ich weiß schon, dass jetzt wieder einige sagen oder denken: ‚Sei doch froh, dass das nicht mehr so ist, dass Menschen vor Gott kein schlechtes Gewissen mehr haben müssen, dass man nicht mehr von Sünde reden und sich mit Skrupeln herumplagen muss.‘
Nein, darüber bin ich ganz und gar nicht froh. Ich meine, nicht derjenige, der ein schlechtes Gewissen, der Skrupel und ein Sündenbewusstsein hat, ist krank, sondern die Gesellschaft, der das alles abgeht. Denn eine solche Gesellschaft hat den Respekt vor einer höheren Macht über sich verloren. Ich möchte nicht, dass Menschen in unserem Land Einfluss haben, die gewissenlos, skrupellos, respektlos, selbstgerecht und rechthaberisch sind. Denen nichts mehr heilig ist. Solchen Menschen möchte ich unser Land und die Zukunft unserer Kinder nicht anvertrauen.
Ich weiß, ich muss in dem überschaubaren Bereich, in dem ich Einfluss habe, mit gutem Beispiel vorangehen. Und das heißt, dass ich mich vor Gott ehrlich und selbstkritisch so sehe, wie ich wirklich bin. Dass ich ganz und gar auf seine Gnade angewiesen bin, weil ich ihm nichts, aber auch gar nichts geben könnte, was auf ihn Eindruck machen würde.
Dass ich bei Gott gerechtfertigt bin, dass ich ihm recht bin, hat nichts damit zu tun, was ich vorweisen könnte, sondern alles damit, was Jesus vorweisen kann. Er ist für mich gestorben. Er ist für mich auferstanden. Er vertritt mich vor Gott (Lehrtext). Darum, und nur darum bin ich Gott recht. Ich lebe ganz und gar aus seiner Gnade, ganz und gar von seiner Vergebung. Sonst gäbe es mich nicht mehr. Und darum soll ich und will ich ganz und gar dankbar sein und in gutem Sinn demütig vor meinem Gott. Ob mir das gelingt, steht noch einmal auf einem anderen Blatt. Aber so viel ist mir schon klar: An Gott glauben, auf ihn vertrauen, auf ihn hören und mit ihm leben kann ich nur als einer, der alles von ihm erwartet, alles von ihm bekommt und deshalb dankbar ist.

Gebet: Herr, du weißt, ich bin nicht besser als andere. Gibt es überhaupt Menschen, die besser als andere sind? Stehen wir als Sünder nicht alle auf derselben Stufe? Und darum will ich nicht auf andere herabschauen, sondern zu dir aufschauen und dir danken, dass ich ohne mein geringstes Verdienst allein aus deiner Gnade und von deiner Vergebung leben kann. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Donnerstag, 29. September 2016

Was die Seele satt macht hl

Losung: Der HERR spricht: Warum zählt ihr Geld dar für das, was kein Brot ist, und sauren Verdienst für das, was nicht satt macht? Hört doch auf mich, so werdet ihr Gutes essen. Jesaja 55,2

Lehrtext: Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben. Die wird euch der Menschensohn geben. Johannes 6,27

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Du isst so wenig. Hast du keinen Hunger?“ sagt die Freundin. Darauf die andere: „Ich lebe von Luft und Liebe“ und lacht. Brot und auch die allererlesendsten Speisen - sie machen den Leib satt, sie tragen auch dazu bei, die Stimmung aufzuhellen. Denn wer hungert, wird leicht mürrisch. Aber Brot allein reicht nicht für ein erfülltes Leben.
Wie ist es mit deiner Seele? Wie ernährst du sie?
Diese Frage hat schon die Menschen der Bibel beschäftigt. Und Gott antwortet darauf mit seinem Wort aus der heutigen Losung: »Kommt her, auch wer kein Geld hat, kann kommen. Nehmt euch Brot und esst! Zu mir! Hier gibt es Wein und Milch. Bedient euch, es kostet nichts! Warum gebt ihr euer sauer verdientes Geld aus für Brot, das nicht sättigt? Hört doch auf mich, und tut, was ich sage, dann bekommt ihr genug! Ihr dürft köstliche Speisen genießen und euch satt essen. Nehmt meine Weisungen an, damit ihr am Leben bleibt!«
Die Seele, so sagt die Bibel, lebt von der Gemeinschaft mit Gott. Auch sie lebt von Luft und Liebe. Sie lebt von seiner Liebe und davon, dass sie ihn wieder lieben kann. Sie lebt von seinen Worten, die sie trösten und stärken, nach denen der Mensch sich richten kann. Und die Seele lebt von der Gemeinschaft mit anderen, mit Menschen, die dir gut tun und dir einen großen Teller voll Zeit, Lachen und Freundlichkeit hinstellen.
Jesus Christus gibt mir das unvergängliche Brot dieser Liebesgemeinschaft (Lehrtext). Er gibt es mir buchstäblich im Abendmahl. Er gibt es dir und mir aber auch dann, so oft wir in Gedanken oder im Gebet seine Nähe suchen.

Gebet: Herr, du selbst bist das Brot des Lebens. Du segnest mich nicht nur mit dem, was meinen Leib satt macht. Du segnest mich mit all den guten Dingen, die meine Seele ernähren. So schenkst du mir ein erfülltes Leben. Danke für deine Gnade: Danke, dass du mich in jeder Hinsicht beschenkst. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Mittwoch, 28. September 2016

Der Maßstab ist das große Ganze hl

Losung: Seine Macht ist ewig und vergeht nicht, und sein Reich hat kein Ende. Daniel 7,14

Lehrtext: Es hat Gott wohlgefallen, dass in Christus alle Fülle wohnen sollte und er durch ihn alles mit sich versöhnte, es sei auf Erden oder im Himmel, indem er Frieden machte durch sein Blut am Kreuz. Kolosser 1,19-20

Liebe Leserin, lieber Leser,

hat das, was und wie du glaubst, Einfluss auf dein Lebensgefühl?
     Bei mir ist das so. Vor Gott, wie er mir in Jesus begegnet, fühle ich keine Furcht. Ich ehre ihn, ja. Ich beuge mich vor ihm. Aber ich habe vor ihm keine Angst. Und trotz allem, was mir misslingt, was ich falsch mache, woran ich schuldig werde, und trotz meiner Sünden – habe ich vor ihm kein schlechtes Gewissen, sondern bin sicher und ruhig. Ich schäme mich manchmal vor ihm wegen meines Versagens. Aber ich vertraue darauf, dass all das mich von seiner Liebe nicht trennen kann. Denn ich gehöre ihm in Zeit und Ewigkeit. Ich habe auch keine Angst vor seinem Gericht. Nein, kein bisschen. Denn wenn Gott mich richtet, stellt sich Jesus vor mich und sagt: ‚Vater, ich hab mein Leben für seines gegeben. Wenn du also diesen Menschen richtest, dann richte mich.‘ Die Bibel nennt diese Art des Gerichts ‚Rechtfertigung‘. 500 Jahre sind es jetzt, seitdem Martin Luther das in der Bibel wiederentdeckt hat.
     Zu den für mich wichtigsten Erkenntnissen des Apostels Paulus gehört der heutige Lehrtext hier in einer neueren Übersetzung: »Denn Gott hat beschlossen, mit seiner ganzen Fülle in ihm zu wohnen. Alles im Himmel und auf der Erde sollte durch Christus mit Gott wieder versöhnt werden, alles hat Frieden gefunden, als er am Kreuz starb.« Das ist es, worum es Gott gegangen ist und geht, damals als er in Bethlehem bei den Ärmsten der Armen in Jesus zur Welt gekommen ist, damals als er inmitten von Verbrechern auf Golgatha gestorben ist, damals als er bei den Toten war und in Jerusalem auferstanden ist. Es sollte keinen Menschen an keinem Ort geben, der nicht »durch Christus mit Gott wieder versöhnt« würde, weder im Himmel noch auf der Erde, weder unter den Lebenden noch unter den Toten. »Alles«, wirklich alles, »hat Frieden gefunden, als er am Kreuz starb.«
     Hat es jemals für uns Menschen eine bessere Botschaft gegeben? Gibt es jetzt eine bessere Nachricht für dich und für mich als die, dass wir versöhnt und im Frieden mit Gott leben können ohne ständig Angst haben zu müssen, dass uns schon noch mal die Quittung für unser Versagen präsentiert wird? Ich wüsste von alledem nichts, ich hätte mein gutes Lebensgefühl nicht, wäre er in Jesus nicht auf die Erde und somit auch zu mir gekommen. Darum ist Jesus so überaus wichtig für meinen Glauben.
     Neulich habe ich mit Mitarbeitern unserer Gemeinde über solche Glaubensthemen diskutiert. Sie haben mir keineswegs vorbehaltlos zugestimmt. Der eine und der andere hat Bibelworte zitiert, in denen vom Gericht die Rede ist und dass man sich erst für Jesus entschieden haben müsse, bevor seine frohe Botschaft auch für einen selbst gilt. Von Buße, von Umkehr wurde gesprochen, ohne die es keine Vergebung geben könne und so weiter.
     Ja, solche Bibelworte gibt es. Aber wie wichtig sind sie? Sind denn alle Bibelworte gleich wichtig? Nein. Ich brauche einen Maßstab, um erkennen zu können, worauf es in der Bibel in erster Linie ankommt und worauf es weniger oder auch nicht ankommt. Und dieser Maßstab ist das große Ganze, um das es geht und wovon im heutigen Lehrtext die Rede ist. Der Maßstab ist das große Versöhnungswerk Gottes mit seiner Schöpfung und insbesondere mit seiner Menschheit. Das überstrahlt alle Einzelheiten. Daran halte ich mich und nicht an einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Bibelworte, die man sich gegenseitig um die Ohren schlagen kann.
     So lasse ich am Schluss noch einmal den Apostel Paulus zu Wort kommen, der an andere Stelle im 2. Brief an die Christen in Korinth schreibt: »Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu. Er hat uns dazu bestimmt, diese Botschaft der Versöhnung in der ganzen Welt zu verbreiten. Als Botschafter Jesu Christi bitten wir nun in seinem Namen: Lasst euch mit Gott versöhnen! Denn Gott hat Christus, der ohne jede Sünde war, mit all unserer Schuld beladen und verurteilt, damit wir freigesprochen sind und Menschen werden, die Gott gefallen.«
     ‚Nachdenken über die Bibel‘, so heißen diese Losungsauslegungen. Und darum bitte ich, dass das, was ich schreibe, für dich ein Anlass sein soll, selbst über die Bibel nachzudenken und was das für einen Einfluss auf dein Lebensgefühl hat.

Gebet: Herr, wie gut, dass ich frei und unbeschwert leben kann, weil ich dir und anderen Menschen und auch mir nichts beweisen muss. Ich muss nicht erst etwas aus mir machen. In deinen Augen bin ich längst, der ich sein soll. Und nur dein Urteil zählt. Was kümmert mich das Geschwätz anderer? Danke, dass ich versöhnt und in Frieden mit dir leben kann ohne Angst, ohne schlechtes Gewissen trotz allem, wo ich versagt habe. Jetzt brauche ich nur noch eins, dass ich das auch glauben und fest darauf vertrauen kann. Darum bitte ich dich. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Dienstag, 27. September 2016

Er weiß wohin hl

Losung: Der HERR sprach: Mein Angesicht soll vorangehen; ich will dich zur Ruhe leiten. 2.Mose 33,14

Lehrtext: Weil wir nun solche Hoffnung haben, sind wir voll großer Zuversicht. 2.Korinther 3,12

Liebe Leserin, lieber Leser,

lesen Sie zunächst ein Ausschnitt aus dem Gespräch zwischen Mose und Gott, aus dem unser heutiges Losungswort kommt. Hier in einer neueren Übersetzung: »Wenn du nun wirklich mit mir bist, dann lass mich deine Pläne erkennen! Ich möchte dich besser verstehen und weiter deine Hilfe erfahren. Der Herr antwortete: "Ich selbst werde dir vorangehen und dich in ein Land bringen, in dem du in Frieden leben kannst!"«
Das wünscht sich wohl jeder, der an Gott glaubt, dass er seine Pläne erkennen und ihn besser verstehen möge. Aber Gott erklärt dem Mose nicht in allen Einzelheiten, was er mit ihm vorhat. Er zeigt ihm weder die Zukunft noch bekommt Mose eine Landkarte von ihm. Stattdessen sagt Gott sinngemäß: „Geh mir einfach nach. Ich gehe voraus und bring dich dorthin, wo es dir gut geht.“ Er will von Mose, dass er ihm vertraut. Und dasselbe will er auch von dir und von mir. Mose zweifelt noch ein bisschen, wenn er sagt: »Wenn du nun wirklich mit mir bist…«. 
Diesen Zweifel kann ich gut nachempfinden. Woher kann ich denn wissen, ob Gott mit mir ist? Wissen kann ich es nicht. Ich kann nur seiner Zusage vertrauen und mich darauf einlassen. Und tatsächlich, bisher hat er mich viele Jahre durch mein Leben gebracht und ich kann nicht sagen, dass er mich in die Irre geführt hat. Im Gegenteil. Natürlich war mein Weg nicht immer einfach und schon gar nicht gradlinig. Da gab es manche Kurven und Umwege auch mal Sackgassen. Und doch ging es immer wieder mit seiner Hilfe weiter. Darum will ich darauf vertrauen, dass er mir weiterhin vorangeht und mich dorthin bringt, wo alles zu seinem Ziel kommt. Das ist die Hoffnung, die ich habe. Sie macht mich zuversichtlich, dass ich mit Gottes Hilfe meinen Weg finde.

Gebet: Herr, ich kann nicht wissen, was wird. Aber du weißt es. Dir vertraue ich mein Leben an und gehe zuversichtlich meinen Weg. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Montag, 26. September 2016

Was Gott sagt und was wir tun sollen hl

Losung: Alles, was der HERR gesagt hat, wollen wir tun und darauf hören. 2.Mose 24,7

Lehrtext: Seid nicht träge in dem, was ihr tun sollt. Seid brennend im Geist. Dient dem Herrn. Römer 12,11

Liebe Leserin, lieber Leser,

warum sollte ich tun, was Gott sagt und auf ihn hören? Andere tun das ja auch nicht. Fühlt Gott sich etwa mächtiger oder bedeutender, wenn Menschen auf ihn hören? Eine lächerliche Frage! Es geht nicht darum, dass Gott seine Autorität durchsetzt, sondern darum, was mir und meinen Mitmenschen gut tut.
Aber was sagt er mir durch das Wort der Bibel? Und wie soll ich Jesus Christus dienen?
Die Verse, die nach unserem heutigen Lehrtext stehen, geben darauf Antwort: »Seid fröhlich als Menschen der Hoffnung, bleibt standhaft in aller Bedrängnis, lasst nicht nach im Gebet. Sorgt für alle in der Gemeinde, die Not leiden, und wetteifert in der Gastfreundschaft. Wünscht ihnen, die euch verfolgen, Gutes. Segnet sie, anstatt sie zu verfluchen. Freut euch mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden. Seit alle miteinander auf Einigkeit bedacht. Strebt nicht hoch hinaus, sondern haltet Gemeinschaft mit den Geringen. Haltet euch nicht selbst für klug. Vergeltet niemand Böses mit Bösem. Seid zu allen Menschen höflich. Soweit es möglich ist und auf euch ankommt, lebt mit allen in Frieden. Rächt euch nicht, holt euch nicht selbst euer Recht, sondern überlasst das Gericht Gott. Er sagt in der Heiligen Schrift: „Die Rache ist mein, ich will vergelten.“ Handelt vielmehr nach dem Wort „Wenn dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen, und wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken. Dann wird es ihm bald Leid tun, dein Feind zu sein.“ Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern überwinde es durch das Gute!«

Gebet: Herr, doch, doch, ich weiß schon, was ich tun soll. Du hast das im Wort der Bibel deutlich genug gesagt. Aber du weißt auch, dass mir das längst nicht immer gelingt. Wecke in mir die Bereitschaft, auf dich zu hören und zu tun, was mir und meinen Mitmenschen hilft. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Sonntag, 25. September 2016

Wir sind längst daheim hl

Predigt von Hans Löhr am 18. Sonntag nach Trinitatis

Römer 14, 17-19 (Übersetzung „Gute Nachricht für dich“):
»Wo Gott seine Herrschaft aufrichtet, geht es nicht um Essen und Trinken, sondern um ein Leben unter der rettenden Treue Gottes und in Frieden und Freude, wie es der Heilige Geist schenkt. Wer Christus mit einem solchen Leben dient, gefällt Gott und wird von den Menschen geachtet.«

Liebe Gemeinde,

es ist schon ein paar Jahre her, dass wir mit dem Auto mitten in der Nacht vom Urlaub heimgefahren sind. Wir kamen aus Kroatien. Die Kinder haben auf dem Rücksitz geschlafen und meine Frau auf dem Beifahrersitz. Ich liebe es, nachts Auto zu fahren, wenn alle anderen schlafen. Ich höre dann leise Musik und kann meine Gedanken nachhängen. Kurz vor Salzburg wurde es im Osten hell. Und als wir nach Deutschland hineingefahren sind, ging glutrot die Sonne auf. Gut 150 Kilometer würde ich noch fahren können, bevor ich tanken müsste. Als ich an der Autobahntankstelle hielt, ist meine Frau aufgewacht: »Es ist ja schon hell. Sind wir denn schon in Deutschland?«. »Ja«, sagte ich, »schon eine ganze Weile. In einer guten Stunde sind wir daheim. Du hast fest geschlafen.«
Deutschland, das Land in dem wir geboren sind, in dem wir leben, wo wir ein Dach überm Kopf haben und ein Bett, wo es uns gut geht, wo Frieden herrscht und ein Rechtsstaat Sicherheit gibt. Mit einem Wort, wo wir daheim sind und wo wir gern leben. So schön es im Urlaub war, so gern sind wir auch wieder heimgefahren. Nein, in Kroatien möchten wir nicht leben, auch nicht in Österreich. Deutschland ist unsere Heimat.
Wir haben aber noch eine andere Heimat, ihr hier und ich. Der Apostel Paulus nennt sie „Reich Gottes“. Da kann man nicht mit dem Auto hinfahren. Aber du kannst im Reich Gottes leben. Eigentlich leben alle im Reich Gottes. Doch die meisten merken nichts davon. Du kannst das Reich Gottes ein Leben lang verschlafen, so wie meine Frau und die Kinder die Rückkehr nach Deutschland verschlafen haben. Und dann lebst du so dahin in dieser Welt und weiß nicht einmal, wo du wirklich bist. Aber dann erwacht doch der eine oder andere zum Glauben und stellt verwundert fest: ‚Ich bin ja schon da. Ich war schon immer im Reich Gottes und hab‘s nicht gemerkt.‘
In der Bibel heißt Reich Gottes manchmal Himmelreich. Das hat nichts mit dem Himmel über uns zu tun. Es waren die frommen Juden, die sich aus Ehrfurcht scheuten, den Namen Gottes auszusprechen. Sie haben stattdessen das Wort ‚Himmel‘ verwendet. Ähnlich ist es, wenn wir beten „Vater unser im Himmel“. Im Grunde genommen heißt das nur: „Gott, der du unser Vater bist.“ Leider meinen viele, dass Gott über uns in irgendeinem fernen Himmel lebe, weit weg von unserer Erde. Und wenn sie sagen, „ich hoffe, dass ich einmal in den Himmel komme“, dann denken sie an ein Jenseits über den Wolken. Aber „in den Himmel kommen“ heißt nichts anderes, als zu Gott kommen und für immer bei ihm zu bleiben. Aber Gott ist längst zu uns gekommen in seinem Sohn Jesus Christus.
Der Himmel aber ist da, wo er ist. Und er ist bei uns hier auf der Erde, heute schon. Gott ist da, jetzt, in diesem Augenblick, hier in der Kirche und dann, wenn ich wieder zu Hause bin. Und erst recht, wenn ich in das finstere Tal der Leiden und der Einsamkeit muss. Dann kann ich mit der Bibel sagen: »Ich fürchte kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich.«
Ja, Gott ist da. Wir alle leben längst in seinem Reich. Und wenn wir einmal gestorben sind, bleiben wir immer noch bei ihm. Dann aber erlöst von allem Bösen, von Leid und Tod. Warum nur ist das so schwer zu glauben, dass Gott jetzt schon bei uns ist und wir bei ihm? Wir haben doch alle diesen Psalm 23 gelernt und schon so oft gebetet und gesagt: »Du bist bei mir!« Ist das wirklich so oder ist das für dich nur so ein Satz ohne große Bedeutung? Und wenn es wirklich so ist, wenn Gott wirklich bei dir ist und bei mir, müssten wir dann nicht deutlich anders leben? Könnten wir dann nicht viel gelassener sein, zuversichtlicher, getrösteter? Wenn das wirklich so ist, wenn Gott wirklich bei dir ist und bei mir, müssten wir dann nicht alle Sorgen und alle Furcht abschütteln können?
Der Apostel Paulus sagt in unserem heutigen Predigttext: »Wo Menschen fest darauf vertrauen, dass Gott da ist und alles regiert, leben sie unter seiner rettenden Treue, in Frieden und Freude
Wo sind diese Menschen, die so auf Gott vertrauen, dass sie in Frieden und Freude leben? Seid ihr hier diese Menschen? Ich bin es nicht. Ich rege mich über viele Dinge auf, die in dieser Welt oder in unserem Land passieren. So finde ich es absolut unverantwortlich, dass Medien und Politiker in der Bevölkerung die Terrorangst schüren. In unserer Gesellschaft gibt es viel mehr Geisterfahrer, die auf der Autobahn absichtlich in die falsche Richtung fahren, um sich das Leben zu nehmen und andere mit in den Tod zu reißen. Werden deswegen Gesetze geändert? Werden deswegen Sondersendungen gesendet? Debatten im Bundestag geführt? Mehr Polizisten eingestellt? Hetzreden gehalten? Solche Geisterfahrer gefährden jeden von uns in deutlich höherem Maße als jeder Terrorist. Warum misst man da mit zweierlei Maß? Ja, so etwas regt mich auf. Andere regen sich über anderes auf, über Flüchtlinge, über die Nullzinspolitik, über die Milchpreise, über die Politiker, über die grausame Tierhaltung hochrangiger Bauernfunktionäre, wie jüngst in den Nachrichten zu sehen.
Und dann kommen noch die privaten Probleme hinzu, die jeder von uns auf die eine oder andere Weise hat: Der Ärger in den Familien, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz und nicht zuletzt die Unzufriedenheit mit sich selbst. Wo ist da noch Raum für Frieden und Freude?
Hier! Hier im Gottesdienst ist ein solcher Raum, wo einmal nicht unsere Probleme im Mittelpunkt stehen, nicht die Politik, nicht die Wirtschaft. Hier ist der Raum, wo du erst einmal aufatmen kannst. Hier machen wir uns gemeinsam bewusst, dass Gott da ist, für dich und für mich. Hier geben wir ihm unsere Sorgen. Hier bringen wir ihm unsere Schuld. Hier klagen wir ihm unser Leid. Und hier will er uns dienen, mit seinem Frieden, mit seiner Freude und damit, dass er uns vergibt.
Natürlich stellen sich Friede und Freude nicht schlagartig ein, sobald wir die Kirche betreten. Aber schon wenn die Orgel zu spielen beginnt, werde ich ruhiger. Und wie gut es tut, die Lieder zu singen. Sie helfen mir, mich Gott zu öffnen. Wenn der Gesang durch den Kirchenraum fließt, lösen sich auch in mir Verhärtungen und Blockaden. Ich spüre meine Gefühle, spüre ob ich dankbar bin oder traurig oder froh. Und wenn ich dann mit euch hier bete, fühle ich mich Gott ganz nah, fühle ich ihn ganz nah und trete ein in sein Reich, wo er im Mittelpunkt steht. Da erkenne ich, dass er es ist, der alles regiert, alles, die große Welt und auch meine kleine. Da kann ich ihm alles sagen, was ich auf dem Herzen habe. Und dann wird es mir leichter.
Ja, hier ist der Raum für Frieden und Freude. Nicht für die lärmende, ausgelassene Freude des Bierzelts. Die hat auch ihr Recht. Aber hier ist Raum für die stille Freude des Glaubens auch für den, der traurig ist. Hier tröstet mich sein Wort aus der Lesung oder der Predigt. Hier kriege ich neue Kraft im Brot und Wein des Abendmahls. Hier hüllt er mich ein in seinen Segen. Ja, hier ist Gottes Reich. Hier ist der Raum für Frieden und Freude.
Aber eben nicht nur. Gott lässt sich nicht in die Kirche einsperren. Er will nachher mit uns wieder hinausgehen in unsere Welt, in seine Welt. Wir sollen seinen Frieden und seine Freude mit hinaus nehmen, dorthin, wo wir leben und arbeiten. Und wir sollen versuchen, so gut es geht, in diesem Frieden und in seiner Freude zu bleiben. Das ist alles andere als einfach. So viele Dinge stürmen auf uns ein, wenn wir wieder die Kirche verlassen haben. Wie kann man da den Frieden bewahren?
Und darum brauchen wir auch in unserem Alltag einen Raum dafür. Er ist das Gebet, wenn wir früh aufwachen und bevor wir einschlafen. In diesen Raum spüren wir wieder seine Nähe. Da gehören wir ihm wieder ganz und können ihm alle Unruhe, alle Sorgen, alle Angst geben. Und wir bekommen, was nur er uns geben kann: Freude und Frieden.
Ja, Gott ist da. Wir leben alle in seinem Reich. Es wird Zeit, dass wir aufwachen und erkennen: Wir sind längst bei ihm. Wir sind längst daheim.
Amen

Samstag, 24. September 2016

Regeln und Erfahrungen hl

Losung: Du erkennst ja in deinem Herzen, dass der HERR, dein Gott, dich erzogen hat, wie ein Mann seinen Sohn erzieht. 5.Mose 8,5

Lehrtext: Wachset in der Gnade und Erkenntnis unseres Herrn und Heilands Jesus Christus. 2.Petrus 3,18

Liebe Leserin, lieber Leser,

erzieht Gott die Menschen? Diese allgemeine Frage ist schwer zu beantworten. Erzieht er die, die an ihn glauben? Ich denke schon, dass seine Gebote so etwas wie Lebensregeln sind, die ich lernen sollte. Und wenn ich meine Lektion gelernt habe, muss ich nicht immer wieder in mein eigenes Unglück rennen, sondern kann auf seinem Weg besser leben. Ich will damit sagen, dass zum Beispiel die Zehn Gebote und vor allem das Liebesgebot von Jesus solche Lebensregeln sind, die ein gutes, eigenes Leben und Zusammenleben mit anderen erleichtern. Ich habe sie in der Schule und im Konfirmandenunterricht gelernt. Aber ich richte mich nicht so selbstverständlich danach wie nach den Rechenregeln, die ich ebenfalls in der Schule gelernt habe. Die kann ich immer anwenden. Und ich wäre schön dumm, wenn ich sie infrage stellen würde. 1 + 1 ist nun mal 2.
Mit Gottes Geboten ist es anders. Dass sie wirken und wie sie das tun, lerne ich erst im Lauf des Lebens. Wie auch sonst genügt es nicht, die Erfahrungen, die andere damit gemacht haben, zu übernehmen. Ich muss meine eigenen Erfahrungen damit machen, gute wie schlechte. Dazu heißt es zum Beispiel im Buch des Propheten Jeremia: »Du musst (es selbst) erfahren, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott, verlassen und keine Ehrfurcht vor ihm haben.« (Jeremia 2,19) Aber auch das andere gilt, was im Buch des Propheten Jesaja steht: »Wir freuen uns über den Herrn, unseren Gott! Er umgibt uns mit seiner Hilfe wie mit einem Kleid, hüllt uns in seinen Schutz wie in einen Mantel.« (Jesaja 61,10) „Herzeleid“ und Freude – beide Erfahrungen haben damit zu tun, wie wichtig mir Gott ist.
Nun wird der, der Gottes Gebote beachtet, nicht automatisch von Leid verschont und der, dem Gott egal ist, muss nicht automatisch leiden. Aber so viel ist mir mit der Zeit klar geworden: Gänzlich ungeschoren kommt niemand davon. Jeder Mensch wird früher oder später seine Leiderfahrungen machen, ob selbstverschuldet oder nicht. Aber gerade dann kann eine große Hilfe sein, was der heutige Lehrtext sagt: »Lebt immer mehr aus der Gnade unseres Herrn und Retters Jesus Christus und lernt ihn immer tiefer erkennen.« Für mich heißt das, dass ich in Gottes Gegenwart leben darf und ich aus dieser Erkenntnis Trost und Kraft schöpfe gerade in schweren Zeiten. Denn in Jesus Christus begegnet mir Gott nicht als ein unheimliches Schicksal, sondern als mein liebender Vater, der mir meine Fehler vergibt und hilft.

Gebet: Herr, an dir erkenne ich, welch große Hilfe Gott für mich ist. Lass mich in dieser Erkenntnis, lass mich im Glauben immer weiter wachsen, damit ich an dir Halt finde, wenn mein Weg schwierig wird. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Freitag, 23. September 2016

Friede und Freude hl

Losung: O dass du auf meine Gebote gemerkt hättest, so würde dein Friede sein wie ein Wasserstrom und deine Gerechtigkeit wie Meereswellen. Jesaja 48,18

Lehrtext: Das Reich Gottes ist Gerechtigkeit und Friede und Freude in dem Heiligen Geist. Wer darin Christus dient, der ist Gott wohlgefällig und bei den Menschen geachtet. Römer 14,17-18

Liebe Leserin, lieber Leser,

wer von „Friede und Freude“ spricht, kann sich schnell den etwas zynischen Spruch einfangen »Friede, Freude, Eierkuchen«. Dann bist du als Naivling bloßgestellt, der keine Probleme sehen will und vor den Realitäten die Augen verschließt. Aber sind nicht Friede und Freude das, wonach sich insgeheim jeder sehnt, der gesund im Kopf ist? Freilich gilt auch das andere Bibelwort, das gegen die Beschwichtiger und Schönfärber gerichtet ist: »Sie sagen: Friede, Friede, doch es ist kein Friede!«
Mir ist beides wichtig:
-        Dass ich die Sehnsucht nach einem Zustand von „Friede und Freude“ behalte, auch wenn ich weiß, dass er in unserer unerlösten und vergänglichen Welt nur in Ansätzen möglich ist.
-        Und dass ich zugleich die Probleme sehe, die mehr Frieden und mehr Freude in dieser Welt entgegenstehen: An erster Stelle die wirtschaftliche Ungerechtigkeit zwischen Nord und Süd, aber auch in den ‚entwickelten‘ Ländern. Ebenso das militärische Eingreifen des Westens in Ländern des Nahen Ostens  mit dem Ergebnis von grenzenlosem Leid, von Zerstörung und Terrorismus. Auch die Rüstungsexporte aus unserem Land, die auf Umwegen dann doch in Krisen- und Kriegsgebieten ankommen, tragen dazu bei.
Aber da gibt es noch ein Problem: meine eigene Friedlosigkeit. Auch sie ist ein Beitrag zum Unfrieden in dieser Welt, zumindest in meiner kleinen. Jeder Konflikt beginnt im Kopf und Herz von Menschen. Und genau da kann er beigelegt werden. Genau da kann ein Beitrag für Frieden und Freude entstehen. Und so sehe ich meine Verantwortung für den Frieden in der Welt auch darin, Gott um seinen Geist zu bitten. Er schafft in mir Frieden, dass ich als versöhnter Mensch Christus dienen und mit anderen in Frieden leben kann. Dazu hat er mir seine Gebote gegeben (Losung), nicht zuletzt das Gebot, auch meine Feinde zu lieben.

Gebet: Herr, du schenkst Friede und Freude inmitten einer Welt voll Unfrieden und Leid. Du schenkst mir das im Glauben. Aber du schenkst mir das auch dazu, dass ich mich um Frieden bemühe politisch wie privat. Ich möchte deinen Frieden in mir spüren. Ich möchte ihn leben können unter den Menschen, mit denen ich zusammen bin. Ich möchte ihn als Sehnsucht in mir tragen, wenn ich mich öffentlich für mehr Frieden einsetze. Segne du alle, die den Frieden suchen und Freude verbreiten. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Donnerstag, 22. September 2016

Vom Ich zum Du hl

Losung: Soll ich meines Bruders Hüter sein? 1.Mose 4,9

Lehrtext: Ein jeder sehe nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem andern dient. Philipper 2,4

Liebe Leserin, lieber Leser,

ich, ich, ich. Wie schön, wenn ein Kind zum ersten Mal ‚ich‘ sagen kann. Wenn es sich dessen bewusst wird, ein eigenständiger Mensch zu sein, eine Person. Wie schlimm, wenn ein Mensch nur noch ich sagen und denken kann. Wenn sein Ego (= Ich) so groß ist, dass es anderen keinen Platz mehr lässt.
Ich kenne jemanden, der mit mehreren Geschwistern aufgewachsen ist und als Kind immer sagte „ich auch“. Wenn die große Schwester etwas bekam oder etwas durfte, sofort sagte die kleinere: „Ich auch.“ Später hat sie das nicht mehr so oft gesagt, dafür umso öfter gedacht. Und als sie groß genug war, hat sie vieles nachgemacht. Hatte die große Schwester einen Freund, brauchte sie auch einen. Hatte jene ein neues Auto, brauchte sie auch eins. Fuhr sie  in den Urlaub, musste der eigene mindestens ebenso teuer sein. Ich auch, ich auch, ich auch. Es war, es ist wie ein Zwang. Wie soll so jemand seine eigenen, seine wirklichen Bedürfnisse entdecken? Wie findet so jemand zu sich selbst ohne sich ständig mit anderen zu vergleichen?
Dieses Problem ist offenbar uralt, wenn es auch jeweils unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Die Bibel sagt, dass es so alt ist wie die Menschheit. Kaum waren Kain und Abel auf der Welt, schon hat der eine Bruder den anderen erschlagen, weil er sich von Gott nicht so geliebt fühlte wie offenbar jener geliebt wurde. Statt auf den anderen acht zu haben, hat Kain den Abel aus dem Weg geräumt. Aber Gott hat uns als Wesen erschaffen, die vor ihm füreinander Verantwortung haben. Und darum fragt er den Kain, wo denn sein Bruder Abel sei, ob er seiner Verantwortung gerecht geworden ist. Unwirsch und mit schlechtem Gewissen antwortet dieser mit dem Satz aus der heutigen Losung: »Soll ich meines Bruders Hüter sein?« Ja, genau das soll Kain sein. Aber er und viele seiner Nachkommen bis heute sind dem Bruder ein Wolf geworden.
Schauen wir in unser Lebensumfeld, wo es hoffentlich nicht so extrem zugeht. Zwischen einem Egoisten, der nur an sich selbst denkt und einem Altruisten, der nur an andere denkt, gibt es viele Schattierungen. Der Apostel Paulus verlangt im Lehrtext gar nicht, dass man ausschließlich auf das sehe, was dem anderen dient. Natürlich muss jeder auch auf das Seine sehen, darauf, wie er selbst zurechtkommt. Aber eben nicht nur.
Unter Jugendlichen gibt es einen blöden Spruch. Wenn einer den anderen um etwas bittet, wird ihm manchmal die Bitte mit dem Wort abgeschlagen: „Bin ich Jesus?“ Nein, keiner von uns ist Jesus. Aber er, der sein Leben für uns hingegeben hat, zeigt die Richtung an, worauf man sehen, in die man gehen soll: vom Ich zum Du.

Gebet: Herr, du bist ständig für mich da, sonst würde ich nicht leben. Du lässt das Herz in meiner Brust schlagen. Du sorgst dafür, dass mein Gehirn funktioniert. Ohne dich wäre nichts, was ist und nichts hätte Bestand. So lebe ich in dir wie ein Embryo im Mutterleib so lange du willst. Weil du so bist, darum will auch ich nicht nur an mich denken, sondern auch für andere da sein. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Mittwoch, 21. September 2016

Trostwege hl

Losung: Wenn mein Geist in Ängsten ist, so nimmst du dich meiner an. Psalm 142,4

Lehrtext: Gelobt sei Gott, der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott. 2.Korinther 1,3-4

Liebe Leserin, lieber Leser,

wie tröstet Gott? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass er meistens ohne Worte tröstet. Natürlich gibt es auch Bibelworte, die aufrichten und gut tun können. Das geschieht, wenn er durch sie selbst zu dir spricht, also wenn dich ein solches Wort anspricht, das du liest. Eher selten wird ein Mensch dadurch getröstet, dass ihm ein anderer Bibelworte vorsagt. Aber ganz oft tröstet Gott durch einfühlsame Gesten von Menschen. Und oft wissen diese gar nicht, dass sie seine Trosthelfer sind.
Am Tag nach der Beerdigung seiner Frau findet der Nachbar mittags vor seiner Wohnungstür einen Teller mit Wiener Schnitzel mit Kartoffelsalat und eine Flasche seines Lieblingsbieres. Er weiß nicht, wer aus dem Wohnblock ihm das hingestellt hat. Aber später wird er sagen: »Das Schnitzel damals und das Bier haben mich getröstet wie nichts sonst.«
Andere Trosthelfer können Haustiere sein, die Musik und die Natur:
Irgendwo in einer anderen Wohnung ist es die Katze Layla, die nicht von ihrem Frauchen weicht und schnurrt, um gestreichelt zu werden. Sie weiß nicht, dass die Frau von ihrem Mann verlassen worden ist. Aber offenbar spürt sie, dass sie nun einiges zurückgeben kann für die vielen Futterdosen und Streicheleinheiten, die sie bisher bekommen hat.
Manche tröstet in ihrem Kummer das Andante Grazioso aus der Klaviersonate KV 331 von Wolfgang Amadeus Mozart. Vielleicht der schönste Trost, den Musik geben kann.
Andere tröstet ein Busch Herbstastern, um den ein Dutzend Pfauenaugen gaukeln.
Immer ist es Gottes Welt, seine Schöpfung, die einen Menschen davor bewahren kann, im Leid zu ertrinken. Es ist das Leben in seiner ganzen Vielfalt, das nach den Trauernden greift und sie behutsam wieder zu sich zurück führt. Manchmal tröstet schon ein Spaziergang egal bei welchem Wetter oder zu welcher Tageszeit. Hauptsache, du siehst und hörst und riechst, was um dich her geschieht. Und wenn dich das schon mal getröstet hat, dann nimm doch einen anderen mit, der vielleicht gerade Trost braucht. Ihr müsst gar nicht viel reden. Oft ist es besser, gemeinsam zu schweigen.

Gebet: Herr, du kennst viele Wege, einen Menschen zu trösten. Öffne du mir Augen und Ohren für deine Wunder, wenn ich Trost brauche. Lass mich spüren, dass du bei mir bist. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Dienstag, 20. September 2016

gesalbt hl

Losung: Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Psalm 23,5

Lehrtext: Als Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Glas mit unverfälschtem und kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Glas und goss es auf sein Haupt. Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls? Jesus aber sprach: Lasst sie in Frieden! Was betrübt ihr sie? Sie hat ein gutes Werk an mir getan. Markus 14,3.4.6

Liebe Leserin, lieber Leser,

Richtig – falsch. Dieses Schwarzweiß-Denken gab es schon in biblischer Zeit. So beschimpften die Gäste im Hause Simons eine Frau, dass sie teures Salböl vergeuden würde (Lehrtext). Das ist gaaanz falsch! Statt dieses Öl für Jesus zu kaufen, hätte sie das Geld besser den Armen geben sollen. Und das ist rrrichtig. Nicht wahr?
     Jaja, wenn man nur immer weiß, was richtig und falsch ist. Wenn man nur immer weiß, was andere falsch machen. Selber ist man natürlich korrekt und macht alles richtig. Selber weiß man’s immer besser. Natürlich waren die Gäste Simons im Recht. Den Armen hätte das Geld gut getan. Aber wer immer Recht haben will, dem kann leicht die Liebe abhanden kommen. Und um Liebe geht es im heutigen Lehrtext.
     Die unbekannte Frau hat Jesus geliebt. Was für eine Art Liebe das war? Man weiß es nicht. Die Bibel schweigt dazu. Offenbar ist es auch egal. Sie zeigt ihre Liebe, indem sie eine hohe Schwelle überwindet. Selbst in unserer Zeit und Gesellschaft wäre es höchst ungewöhnlich, wenn du ein Essen für Gäste gibst und es kommt plötzlich eine Frau, die niemand kennt, und massiert deinem Ehrengast teures Salböl ins Haar. Da denkt man doch gleich: ‚Na, die hat sie nicht alle.‘ Doch daran haben sich die Gäste des Simon gar nicht gestört. Sondern daran, dass das Salböl so ungewöhnlich kostbar und teuer gewesen ist.
     Und Jesus? Wäre er Franke, hätte er vermutlich gesagt: ‚Des hätt’s fei net braucht.‘ Aber er lässt sich diese Geste der Liebe gefallen. Er duldet nicht, dass man diese Frau zurechtweist und beschämt. Er sieht tiefer als die anderen, ja selbst als die Frau. Er sieht und spürt, dass das der letzte Liebesdienst ist, den man damals einem Menschen erweisen konnte: die Salbung zum Begräbnis. Er allein weiß um die wirkliche Bedeutung dieser Geste.
...
Was ist dein Salböl? Womit willst du Jesus salben, falls du das überhaupt willst? Es sollte schon etwas ganz besonders Kostbares sein.
     Mit das Kostbarste, das du hast, ist Zeit. Sie wird immer weniger und darum immer kostbarer. Gib ihm von deiner Zeit. ‚Salbe‘ ihn mit der Zeit, die du dir für Gott nimmst: Mit deiner Gebetszeit. Mit der Zeit, in der du Lobpreislieder singst oder hörst. Mit der Zeit, in der du Gottesdienste besuchst. Mit der Zeit, in der du anderen Menschen etwas Gutes tust. Wenn du Jesus damit salbst, dann ist er auch dein Christus, auf Deutsch: Dein Gesalbter. Aber denke auch daran, dass du sein Gesalbter bist. Nicht nur du erweist ihm einen Liebesdienst. Bevor du nur daran denken konntest, hat er dich bereits geliebt oder, wie es in der Losung aus dem Psalm 23 heißt: ‚gesalbt‘. Das ist die Geste, dass er eine ganz besonders enge Beziehung zu dir hat und du zu ihm gehörst.
     Na klar kannst du mit deiner Zeit auch etwas anderes anfangen. Doch womit kann man Zeit sinnvoller und schöner verbringen als damit, dass einer den andern liebt?!

Gebet: Herr, du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Montag, 19. September 2016

Wie Gott hilft hl

Losung: Meine Zunge soll reden von deiner Gerechtigkeit und dich täglich preisen. Psalm 35,28

Lehrtext: Hanna diente Gott mit Fasten und Beten Tag und Nacht. Sie trat hinzu zu derselben Stunde und pries Gott und redete von ihm zu allen, die auf die Erlösung Jerusalems warteten. Lukas 2,37-38

Liebe Leserin, lieber Leser,

bis heute schauen viele, vielleicht die meisten religiösen Menschen zum Himmel auf, wenn sie sich Erlösung aus ihrer Not versprechen. Ob Gott nicht doch von oben mit starker Hand eingreift und alles zum Guten ändert? Und die, die nicht glauben, versprechen sich Erlösung von einem „starken“ Mann oder Frau an der Spitze des Staates oder von der Wissenschaft, vom Militär, vom Geld. Ob gerade das Militär in der Lage ist, Probleme zu lösen, möchte ich doch sehr bezweifeln. In der Regel ist durch Gewalt alles immer noch schlimmer geworden. Und die Wissenschaft? Nun gut, ich will nicht bestreiten, dass sie das Potenzial hat, Probleme zu lösen. Andererseits schaffte sie aber auch neue. Bisher halten sich Fluch und Segen die Waage. Noch ist nicht entschieden, nach welcher Seite sich die Waagschalen neigen werden.
Damals in Jerusalem warteten viele darauf, dass Gott sie von der römischen Besatzungsmacht erlösen möge. Sie hofften auf seinen strahlenden Messias an der Spitze der himmlischen Heerscharen. ‚Wenn erst mal die Feinde aus unserem Land weg sind, dann wird alles gut.‘ So dachte man damals.
Aber da war Hanna, diese alte Frau von vierundachtzig Jahren. Von ihr heißt es im Evangelium: »Allen, die auf die Befreiung Jerusalems warteten, erzählte sie von...« - Wovon? Von Wunderwaffen? Von einem neuen David, der den römischen Goliath besiegen würde? Von Gott, der Rom durch ein Erdbeben zerstören oder die Soldaten durch eine Seuche ausrotten würde? - Hanna erzählte von einem Kind. Ha, wie lustig! Ein Kind also sollte die Antwort, die Problemlösung sein. Ob Hanna nicht schon dement war?
Aber diese Frau hat mit ihren alten Augen besser gesehen als manche junge. Sie sah in dem Baby, das seine Eltern zur Beschneidung in den Tempel brachten, die Antwort auf die Frage, wie Jerusalem erlöst, mehr noch, wie  der Mensch erlöst würde. Und die Antwort hieß: „Gott hilft!“. Er hilft durch jenes kleine Kind, welches diesen Namen trägt: „Gott hilft!“, oder in der Sprache von Hanna: „Jesus“.
Sollte das die Antwort auf die Probleme der Menschen sein? Soll das die Antwort auf deine Probleme sein?
Ich suche die Antworten auf meine unterschiedlichen Probleme oft anderswo. Dann mache ich mir Sorgen. Dann treffe ich zweifelhafte Entscheidungen. Dann richte ich mich danach, was andere machen. Das ist nicht immer falsch. Aber ich habe den Eindruck, dass ich mit meinen Schwierigkeiten besser zurechtkäme, wenn ich erst mal nach dem „Gott hilft!“ fragte. Was würde er an meiner Stelle tun? Und was tut er für mich in diesem Augenblick? Und wenn ich nach ihm fragte und mich nach ihm richtete, würde es mir dann so gehen, dass ich Gott wie Hanna loben und preisen könnte?
An Weihnachten schauen wir alle in die Krippe. Was sehen wir da? Ein Baby? Ja. Aber wenn wir genau hinsehen, sehen wir in diesem Kind den  Mann mit der Dornenkrone, den „Gott hilft!“ und im Holz der Krippe das Holz des Kreuzes. So hilft Gott. Damals und heute. So erlöst er uns von dem Bösen und macht uns frei.

Gebet: Herr, wie soll diese Welt von ihren Problemen erlöst werden, wenn nicht die Herzen deiner Menschen erlöst sind? Wie soll sie vom Bösen befreit werden, wenn ich mich nicht selbst immer wieder von dir davon befreien lasse? Du hast doch schon alles dafür getan, dass ich erlöst bin. Dafür kann ich dich gar nicht genug loben und preisen. Doch das will ich auch glauben und danach leben können. Dazu bitte ich dich um Hilfe. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Sonntag, 18. September 2016

Ich Esel hl

Losung: Der HERR sprach: Fürchte dich nicht, Abram! Ich bin dein Schild und dein sehr großer Lohn. 1.Mose 15,1

Lehrtext: Abraham wartete in Geduld und erlangte die Verheißung. Hebräer 6,15

Liebe Leserin, lieber Leser,

Abraham war ein Esel. Nein, kein dummer, sondern ein geduldiger. Mit Esels- und Engelsgeduld wartete er darauf, dass ihm ein Sohn geboren würde, damit sein Leben nach damaligen Vorstellungen einen Sinn hätte. Schließlich hatte ihm Gott selbst versprochen: "Du kannst dich fest darauf verlassen, Ich will dich mit Segen überschütten, und du sollst viele Nachkommen haben (Hebräer 6,14)." Aber der Sohn wollte und wollte ihm nicht geboren werden. Erst im hohen Alter geschah das Wunder und Gott schenkte ihm und Sara den Isaak. Bis dahin musste er viele Geduldsproben bestehen. Und weil er sie bestanden hatte, gilt er bei Christen, Juden und Muslimen als Vater des Glaubens. Und doch wurde auch er immer wieder unsicher, ob denn Gottes Versprechen wahr werden würde. Deshalb wurde er von ihm ermutigt, so wie es im heutigen Losungswort steht.
Ich denke, jeder, der glaubt, ist ein Esel. Für diejenigen, die nicht glauben können oder wollen, bin ich ein dummer Esel. Mit diesem Urteil muss ich leben. Aber mit allen anderen, die glauben, von Abraham bis heute, will ich ein geduldiger Esel sein, der oft gegen den Augenschein glaubt. Der trotzdem an Gott festhält, auch wenn oft so vieles dagegen zu sprechen scheint. Auch meine Vorfahren waren solche Esel, die durch die Jahrhunderte hindurch trotz vieler Kriege, trotz Hunger, Seuchen und Flucht, trotz persönlicher Tragödien wie dem Tod von Kindern oder schweren Krankheiten geduldig an Gott festgehalten haben. Und bei dir wird es ähnlich sein. Sonst wäre der Glaube in unseren Familien und in unserem Land längst verdunstet.
Sie alle mit Abraham und den Menschen der Bibel ermutigen mich, weiterhin geduldig auf Gottes Hilfe zu warten, auch wenn sie sich nicht gleich zeigt. Er hat Abraham den Isaak gegeben. Und dir und mir hat er seinen Sohn Jesus gegeben als Bürge dafür, dass er alle seine Zusagen und Verheißungen einhält. Er wird das nicht immer so machen, wie ich mir das vorstelle. Aber mit Esels- und Engelsgeduld will ich warten, bis er auf seine Weise tut, was mir zum Besten dient.

Gebet: Herr, wenn ich sehe, wie ich hier und jetzt lebe im Vergleich zu allen meinen Vorfahren, dann ist mehr in Erfüllung gegangen als sie sich in ihren kühnsten Träumen vorstellen konnten. Das soll für mich nicht nur ein Grund sein, dir zu danken, sondern es recht, dir zu glauben. Ich will auf deinen großen Segen schauen und nicht immer nur auf meine privaten Probleme. Und ich will geduldig darauf vertrauen, dass du auch weiterhin mein Gott bleibst und ich dein Mensch, was immer auch geschieht. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Samstag, 17. September 2016

Hoffnung, die nicht stirbt hl

Losung: Die ihr den HERRN fürchtet, hoffet auf den HERRN! Psalm 115,11

Lehrtext: Hoffnung lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist. Römer 5,5

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Die Hoffnung stirbt zuletzt«, ist ein in unserer Zeit viel zitierter Satz. Der Reporter sagt ihn, wenn eine Fußballmannschaft bis zum Schluss hinter einem Rückstand her rennt in der Hoffnung, doch noch den Sieg oder wenigstens ein Unentschieden zu erreichen. Der Satz gilt aber auch für manchen Todkranken, den die Ärzte schon aufgegeben haben, der aber immer noch hofft. Er gilt auch für manchen verlassenen Partner, der hofft, dass der andere doch noch zurückkommt. Manchmal erfüllt sich die Hoffnung. Manchmal aber auch nicht. Muss denn die Hoffnung zuletzt immer sterben? Ehrlich gesagt, mir gefällt dieser Satz nicht so gut. Und so frage ich mich: Gibt es eine Hoffnung, die auch zuletzt nicht stirbt, die hinausreicht über Angst und Not, Sarg und Grab?
Im heutigen Lehrtext spricht der Apostel Paulus von dieser Hoffnung. Er sagt sinngemäß: Wer sich von Gott geliebt weiß, der hofft nicht vergeblich. Dessen Hoffnung stirbt nicht. Der Leib mag sterben. Aber für einen Menschen, den Gott liebt, erfüllt sich die Hoffnung, dass er in seiner Gegenwart bleibt - in dieser Welt und in jener.
Und wie ist das mit dir? Weißt du dich von Gott geliebt? Wird sich die Hoffnung, dass durch ihn einmal alles gut wird, erfüllen? Vielleicht zweifelst du. Dann will ich dir ohne Umschweife sagen: Nicht du musst deine Hoffnung erfüllen. Es liegt nicht an dir, was mit dir wird. Es liegt an ihm. Ob du und ich, ob wir das glauben oder nicht, wir sind von Gott geliebt, weil wir seine Geschöpfe sind und seine Liebe brauchen. Er will und wird uns nicht verlieren. Das hat uns Jesus gezeigt. Und genau deshalb muss die Hoffnung nicht sterben.

Gebet: Herr, wenn ich anfange, mir Gedanken und Sorgen zu machen, schwankt mein Glaube und flackert mein Hoffnungslicht. Wie soll ich auch aus mir selbst heraus Hoffnung schöpfen können? Darum schau ich nicht auf mich, sondern auf dich und lass mir von deinem Wort sagen, dass du für mich längst alles zu meinem Besten gefügt hast. Es reicht, dass ich dein Geschöpf bin. Darum liebst du mich und wirst auf mich achthaben. Darin gründet meine Hoffnung. Stärke mich darin immer wieder von neuem, wenn ich unsicher werde. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Freitag, 16. September 2016

Vom Regenbogen erzählen hl

Losung: Sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein in Treue und Gerechtigkeit. Sacharja 8,8

Lehrtext: Er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde. Er ist der Anfang, der Erstgeborene von den Toten. Kolosser 1,18

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Sie sollen mein Volk sein« – so sprach Gott durch den Propheten Sacharja zu den Israeliten, die sich in der schweren Zeit ihrer Verbannung von ihm verlassen fühlten. »Du sollst mein Mensch sein« – so spricht Gott heute zu dir, wenn du eine schwere Zeit durchmachst und dich von ihm verlassen fühlst. Entgegen aller negativen Erfahrung, die du vielleicht zur Zeit machst,  spricht er in deine Angst, in deine Enttäuschung und Zweifel hinein: »Du, [dein Vorname], sollst mein Mensch sein. Du sollst weiterhin zu mir gehören gerade dann, wenn du dich von mir verlassen fühlst. Du sollst nach wie vor mein Mensch sein, gerade dann, wenn du nicht glauben kannst. Das sage ich dir jetzt, da du das liest.«
Das, liebe Leserin, lieber Leser, schreibe ich nicht nur dir. Das lasse ich auch mir von Gott gesagt sein, weil ich es genauso brauche wie du.
Auch was der heutige Lehrtext sagt, ist mir wichtig. In einer neueren Übersetzung heißt er: »Jesus Christus ist das Haupt der Gemeinde, die sein Leib ist. Er ist der Ursprung allen Lebens, der auch als Erster von den Toten zu neuem Leben auferstand, damit er in jeder Hinsicht der Erste sei.« Das heißt doch nichts anderes, als dass Gottes Menschenliebe, die sich in Jesus zeigt, am Anfang meines und deines Lebens gestanden hat. Und dass sie auch am Ende unseres Lebens stehen wird.
Diese Liebe hat den Tod überwunden. Sie ist der Regenbogen über unserem Erdenleben. Sie ist unsere Zukunft. Was für ein schöner Gedanke, was für ein schönes Bibelwort, dass mit und aus göttlicher Liebe alles begonnen hat und mit und in ihr alles enden wird! Dann wird sich der Kreis geschlossen haben. Dann wird er vollendet sein, der Kreis, auf dem wir uns Tag um Tag bewegen.
Dafür will ich ihn in seiner Gemeinde und mit allen loben, die zu Jesus gehören und deren Herz er regiert. Dazu lade ich dich ein.

Gebet: Herr, ich lobe und preise dich für den Regenbogen deiner Liebe über meinem Leben. Darunter bin ich geborgen und lebe voll Zuversicht. Und wenn ich ihn nicht sehen kann, erzähle mir davon. So werde ich wieder gewiss, dass ich dein bin und du mein. Amen

Herzliche Grüße

Hans Löhr

Donnerstag, 15. September 2016

Der Geschmack von Freiheit hl

Losung: Ich will einen ewigen Bund mit meinem Volk schließen, dass ich nicht ablassen will, ihnen Gutes zu tun. Jeremia 32,40

Lehrtext: Durch die Gnade Jesu Christi sind wir gerecht geworden, Erben des ewigen Lebens nach unsrer Hoffnung. Titus 3,7

Liebe Leserin, lieber Leser,

viele, die das lesen, sind irgendwann und irgendwie zum Glauben gekommen. Du vielleicht auch. Und wenn ja, weißt du noch, wie das geschah? Manche können dafür Ort und Zeit nennen. Sie hatten ein ‚Bekehrungserlebnis‘. Bei mir war das anders. Schon von klein auf war ich von Menschen umgeben, die mehr oder weniger deutlich geglaubt haben. Allerdings hat mein Glaube vor sechs Jahren in Tansania noch einmal einen kräftigen Impuls bekommen durch die afrikanischen Schwestern, die dort mit Waisenkindern arbeiten. Ihr Glaube und ihre Art, sich für andere einzusetzen, auch wie sie miteinander umgehen und Gottesdienst feiern, hatte mich tief beeindruckt.
     Im Titusbrief, aus dem der heutige Lehrtext kommt, steht, dass das der Heilige Geist wirkt, den Jesus schenkt. Er bewirkt, dass ich diese Welt als Gottes Welt und mich selbst als sein Kind sehen kann. Dieser „Sichtwechsel“ wird von manchen wie eine neue Geburt erfahren. Sie erleben sich als neue Menschen, die unverdient von Gott  geliebt werden. Besonders intensiv ist dieses Erleben bei denen, die nicht schon als Baby getauft worden sind, sondern sich ganz bewusst für ihre Taufe entschieden und darauf vorbereitet haben. So wie es bei den frühen Christen war. Sie können sagen, was der Apostel Paulus an Titus geschrieben hat: »So sind wir allein durch seine unverdiente Güte von aller Schuld befreit und hoffen auf das ewige Leben, das wir als seine Kinder erben werden (= Lehrtext)
     Genau das möchte ich mir immer wieder klarmachen, dass ich als Gotteskind ein freier Mensch bin. Ich muss nicht mit der Scham meines Scheiterns leben. Ich brauche kein schlechtes Gewissen zu haben, weil ich mich schuldig gemacht habe. Ich brauche auch vor dem Tod keine letzte Angst zu haben. Von alledem bin ich frei, freigesprochen von Jesus, dem ‚Mund‘ Gottes. Er hat einen unauflöslichen Bund mit mir geschlossen, der nicht nur gilt bis der Tod uns scheidet, sondern darüber hinaus (Losung).
     Mit einem solchen Selbstverständnis kann ich leben und du auch. Manchmal geht mir dieses Selbstverständnis verloren. Dann bin ich wieder in diese Zeit und Welt verstrickt mit allen Widersprüchen und Sorgen. Aber ich bleibe in diesem Netz nicht gefangen. Wenn ich mich auf Gott besinne, schmecke ich wieder den Geschmack der Freiheit. Bekomme ich wieder eine Ahnung davon, worauf es eigentlich ankommt und wem ich wirklich gehöre.

Gebet: Herr, welch wunderbare Verwandlung bewirkst du, wenn ich mit den Augen des Glaubens, mit deinen Augen auf diese Welt und mein Leben schaue. Dann erscheint alles in einem anderen, einem tröstlicheren Licht, im Licht der Gnade. Die Schatten der Finsternis fliehen. Ich kann loslassen, was ich meine, festhalten zu müssen. Ich lasse dich machen und bin frei. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Mittwoch, 14. September 2016

Auf Augenhöhe hl

Losung: Der HERR ist der wahrhaftige Gott, der lebendige Gott, der ewige König. Jeremia 10,10

Lehrtext: Dem König aller Könige und Herrn aller Herren, der allein Unsterblichkeit hat, der da wohnt in einem Licht, zu dem niemand kommen kann, den kein Mensch gesehen hat noch sehen kann, sei Ehre und ewige Macht! 1.Timotheus 6,15-16

Liebe Leserin, lieber Leser,

also ich glaube, dass Menschen in unserem Land, die Macht und Einfluss haben, Führungspersonen in Politik, Justiz, Wirtschaft, bei den Banken, in der Wissenschaft, beim Militär, bei den Medien… – ich glaube dass solche Menschen spüren, mit wem sie es zu tun haben. Ob da einer ehrerbietend vor ihnen steht, der Respekt vor ihnen hat, weil er ihre Macht anerkennt, sich ihr gar unterwirft. Oder ob jemand vor ihnen steht, der nach dem Motto lebt und glaubt: »Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr.«
Wenn du dem König aller Könige, dem Herrn aller Herren, dem Allmächtigen gehörst, stehst du selbst mit der mächtigsten Frau, dem mächtigsten Mann auf gleicher Ebene. Du kannst solchen Machthabern begrenzten Respekt zollen, nicht, weil diese so großen Eindruck machen, sondern aus Höflichkeit. Mehr nicht. Wer mehr will, als dass man zu ihm höflich ist, wer gar meint, ihm stehe Ehrerbietung zu, dem ist vermutlich seine Position zu Kopf gestiegen.
Aber oft ist das Getue um Menschen mit Macht und Einfluss nicht ihr Problem, sondern das Problem derer, die freiwillig vor ihnen kriechen. Für mich sind zum Beispiel Elternabende in der Schule schwer erträglich, wenn manche Eltern so tun, als seien sie mit allem, was der Lehrer oder die Lehrerin sagt, einverstanden. Hinterher aber wird dann wieder gelästert. Und wenn erst gar der Herr Oberstudiendirektor anwesend ist, kriegen viele den Mund überhaupt nicht mehr auf. Dabei ist er nichts anderes als ein Dienstleister für Schüler und Eltern, der von ihren Steuern lebt. Genauso verhält es sich mit dem Bürgermeister, dem Landrat, dem Richter, dem Bischof, dem Minister… – alles Dienstleister für die Bürgerinnen und Bürger, von ihren Steuern gut bezahlt.
Wie gesagt, es reicht, wenn man zu ihnen höflich ist. Ehre haben sie nicht verdient. Wer an Gott glaubt, der weiß, wem allein alle Ehre gebührt. Der weiß, dass über allem und allen der Allmächtige steht. Der weiß, dass noch die Mächtigsten vor ihm nur Staubkörner sind. Der kann ihnen auf Augenhöhe begegnen und, wenn es sein muss, frank und frei die Meinung sagen.
Ja, ich glaube, dass Menschen mit Macht und Einfluss spüren, wen sie vor sich haben, einen Kriecher oder einen selbstbewussten Zeitgenossen, der sich die Butter nicht vom Brot nehmen lässt. Der sein Selbstbewusstsein nicht aus Arroganz schöpft, sondern aus dem Bewusstsein, ein Sohn, eine Tochter des Höchsten zu sein. Denn wer sich vor Gott beugt, der kann vor jedem Menschen aufrecht stehen.

Gebet: Herr, wo dein Geist ist, da ist Freiheit. Schenke allen, die an dich glauben, diesen Geist, der uns zu deinen Kindern macht, die nur dich ehren und sonst niemand. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Dienstag, 13. September 2016

Eine Frage des Wollens hl

Losung: Viele sagen von mir: Er hat keine Hilfe bei Gott. Aber du, HERR, bist der Schild für mich, du bist meine Ehre und hebst mein Haupt empor. Psalm 3,3-4

Lehrtext: Es kam zu Jesus ein Aussätziger, der bat ihn, kniete nieder und sprach zu ihm: Willst du, so kannst du mich reinigen. Und es jammerte ihn und er streckte die Hand aus, rührte ihn an und sprach zu ihm: Ich will's tun; sei rein! Markus 1,40-41

Liebe Leserin, lieber Leser,

Leprakranke, die wegen ihrer ansteckenden Krankheit in Tälern und Höhlen ausgesetzt worden sind, die sie nicht verlassen durften, waren nach damaliger Ansicht von Gott mit dieser Krankheit bestraft. Die brauchten sich nun wirklich keine Hilfe mehr von ihm zu erhoffen (Losung). Was für ein grausames Schicksal! Und doch gab es einen Kranken, der sich damit nicht abgefunden hat. Er hat sich über die Gesetze hinweggesetzt und ist zu Jesus gekommen. Er hatte von ihm gehört. Und er spürte offenbar, dass dieser Mann seine letzte Chance sein würde. Darum waren ihm die Verbote egal. Darum verließ er die Zone der Gottlosigkeit und warf sich vor Jesus auf die Knie. 
Und aus dem, was er sagte, sprach sein ganzes Vertrauen: »Willst du, so kannst du.« Er hat erst gar nicht lange gezweifelt, ob Jesus ihn wirklich heilen könnte. Er hat das einfach vorausgesetzt. Er hat ihn damit unter Druck gesetzt: ‚Es liegt nur an deinem Wollen.‘ Und Jesus? Er hätte sagen können: ‚Na hör mal, ich lass mich doch von dir nicht erpressen.‘ Aber das sagte er nicht. Stattdessen empfand er tiefes Mitleid mit diesem Mann und sagte den erlösenden Satz: »Ich will's tun.«

Soweit die Geschichte, aus der der heutige Lehrtext kommt. Aber jetzt geht es um dich. Jetzt geht es um die Frage, ob so ein entstellter, stinkender und ansteckender Leprakranker ein Vorbild für dich sein kann. Es geht um die Frage, ob du in deiner Not bereit bist, alle Konventionen, Vorbehalte, Zweifel zu durchbrechen und vor Gott auf die Knie zu gehen. Und auch du kannst dann sagen: „Willst du mir helfen, so kannst du es auch.“ 
Bei ihm ist es nie eine Frage des Könnens, sondern immer des Wollens. Oft geschieht, worum Menschen Gott anflehen. Manchmal aber auch nicht. Denn seine Hilfe im Einzelfall steht immer im Zusammenhang mit seinem Willen für das große Ganze. Es ist schwer, darauf zu vertrauen, dass Gott schon weiß, was er will und tut, gerade dann, wenn er mein Gebet nicht erhört. Aber als letzter Trost bleibt immer noch der Gedanke, dass er weiß, wie er es mit mir zu meinem Besten machen wird.

Gebet: Herr, stimmt das, dass denen, die dich lieben, alle Dinge zum Besten dienen müssen, auch die bösen? Ich weiß nicht, ob ich das glauben kann. Aber ich möchte schon. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Montag, 12. September 2016

Prost! hl

Losung: Ich, der HERR, behüte den Weinberg und begieße ihn immer wieder. Damit man ihn nicht verderbe, will ich ihn Tag und Nacht behüten. Jesaja 27,3

Lehrtext: Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger. Johannes 15,8

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn die Winzer Unterfrankens oder vom Kaiserstuhl von ihrem Weinberg reden, bekommen sie vor Freude und Stolz glänzende Augen. Ja, ein Weinberg ist schon etwas ganz Besonderes. Kein anderer Acker wird wohl mit so viel Liebe und Hingabe gepflegt. Im heutigen Losungswort lässt der Prophet Jesaja Gott seinen Weinberg rühmen. Jesaja meinte noch, dass es da um das Volk der Israeliten ginge. Doch Gott liebt seinen Weinberg wegen eines ganz besonderen, einzigartigen Weinstocks. Und damit sind wir beim heutigen Lehrtext. Vier Verse zuvor sagt Jesus: »Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.«
Die Frucht, die Weinbeeren, hängen an Reben, an Zweigen, die jedes Jahr von neuem am Weinstock austreiben. Der Weinstock gibt ihnen dazu Saft und Kraft, sonst müssten die Reben verdorren und fruchtlos bleiben. Aber was für eine Weinsorte wächst nun an diesem besonderen Weinstock und seinen Reben? Ein Riesling? Ein grauer Burgunder? Ein Silvaner? Jesus sagt: Die Liebe. Das ist der Wein, der Gott und die Menschen erfreut. Der Wein, dessen Beeren an seinen Jüngern wachsen, an dir und mir. Darauf lasst uns mal anstoßen: Prost!

Gebet: Herr, lass mich eine Rebe an dir sein. Gib mir Kraft, dass ich viel Frucht der Liebe bringe. Lass mich ganz und gar mit dir verwachsen, dass nichts und niemand mehr uns trennen kann. Amen

Herzliche Grüße


Ihr / dein Hans Löhr 

Sonntag, 11. September 2016

Rückhalt, den niemand nehmen kann hl

Losung: Du bist meine Hilfe; verlass mich nicht und tu die Hand nicht von mir ab, Gott, mein Heil! Psalm 27,9

Lehrtext: Jesus sprach: Das ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, dass ich nichts verliere von allem, was er mir gegeben hat. Johannes 6,39

Liebe Leserin, lieber Leser,

jeder Mensch braucht einen Rückhalt. Für viele ist das die Familie oder Freunde. Für andere die berufliche oder gesellschaftliche Position. Auch Versicherungen oder Geldanlagen können ein Rückhalt sein. Meistens ist das ein Mix aus diesen Dingen, wovon sich jemand Rückhalt verspricht. Und in der Tat, das alles kann einem Menschen Halt und Selbstvertrauen geben, ihn gelassener und zuversichtlicher machen. Manche suchen darüber hinaus ihren Rückhalt auch noch im Glauben. Sie spüren, dass es zu wenig ist, sich nur auf die Dinge zu verlassen, die vergänglich sind. Sie wollen auf der sicheren Seite sein, bei Gott. Ich will das auch.
Und darum jetzt diese Frage: Was meinst du, hat Gott dich seinem Sohn Jesus gegeben, so wie es der Lehrtext sagt? Gehörst du wirklich zu ihm und hast ihn als Rückhalt? - Auf jeden Fall!
Vielleicht meinst du, dass dein Glaube nicht groß genug und dein Leben nicht gut genug für Gott sei. Dass du nicht zu denen gehörst, die bei Jesus sind. Dann bedenke, dass er der gute Hirte ist, der von seinen 100 Schafen die 99, die bei ihm sind, zurücklässt, um das eine, das sich verirrt und das er verloren hat, zu suchen (Matthäus 18,12 / Lukas 15,4).
Weiß Gott, in meinem Leben habe ich mich, um im Bilde zu bleiben, immer wieder mal verirrt und verrannt und das wird vermutlich auch künftig so sein. Ich mache meinem Hirten ganz schön Arbeit. Aber er hat nicht aufgehört, mich zu suchen und zu finden und wird auch künftig damit nicht aufhören. Er will einfach nicht, dass ich verlorengehe. Und von dir will er das auch nicht.
In den Versen nach dem heutigen Lehrtext sagt Jesus: »Keiner kann zu mir kommen, wenn nicht der Vater, der mich gesandt hat, ihn zu mir bringt.«  Das ist beruhigend, dass es nicht an meinem Können und Laufen liegt, ob ich zu ihm kommen kann, sondern an meinem barmherzigen Gott.
Im Losungswort betet einer, dass Gott ihn nicht verlassen und die Hand nicht von ihm abtun soll. Das wünsche ich mir auch. Es wäre der blanke Horror, gottverlassen zu sein. Aber das ist nicht möglich. Er ist ständig für dich und für mich da. Das ist es, was Gott für uns zu Gott macht. Doch das ist schon möglich, dass ich ihn verlasse. Nur warum sollte ich das tun? Warum sollte ich ohne diesen Rückhalt leben wollen, den mir sonst niemand geben und niemand nehmen kann?

Gebet: Herr, ich gehöre zu dir, von Anfang an. Dazu brauchte ich mich so wenig zu entscheiden wie dazu, Kind meiner Eltern zu sein. Du bist der große Rückhalt in meinem Leben. Du lässt mich zuversichtlich sein, dass du es schon richtig machst mit mir. Danke, dass du mein guter Hirte bist, mich behütest und weidest auf der grünen Aue des Gottvertrauens. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr 

Samstag, 10. September 2016

Fehlerzähler am Motorrad hl

Losung: Zu schwer lasten unsere Vergehen auf uns, du allein kannst sie vergeben. Psalm 65,4

Lehrtext: Der Zöllner stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig! Lukas 18,13

Liebe Leserin, lieber Leser,

„Also ich doch nicht! Bei mir ist alles in Ordnung. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Ich lass mir auch von niemanden etwas nachsagen. Ich bin ein ehrbarer Bürger. Sollen erst mal andere vor ihrer Tür kehren…“ – Vermutlich ist das ein Hauptgrund, warum viele von Gott nichts wissen wollen, weil sie ahnen, dass er sie durchschaut. Darum reden sie sich gern ein, dass es Gott gar nicht gebe. Sie möchten sein können, wie sie wollen, ohne jemanden dafür Rechenschaft zu geben.
Für mich ist das so, wie wenn ein kleines Kind die Augen schließt und behauptet, dass es die Welt gar nicht gebe. Es sieht sie ja nicht, also kann sie auch nicht sein. Naja, wer meint, auf diese Weise Gott zu entkommen, soll's halt versuchen. Aber vor ihm kann man sich nicht verstecken. Niemand kann ihn mit einer Maske täuschen. Aber niemand kann ihn auch für sich gewinnen, indem er feine Manieren an den Tag legt, ein freundliches und nettes Gesicht aufsetzt, einen vorbildlichen Lebenswandel pflegt und sich so verhält, wie es sich für gläubige Menschen gehört.
Das ist nun einmal so. Leider. Weil auf diese Weise niemand bei ihm eine Chance hat. Auch du nicht und ich erst recht nicht.
Und gilt das auch für die Frommen, für diejenigen, die an ihn glauben? Ja. Deren größte Sünde ist die Selbstgerechtigkeit. Aber wer selbstgerecht ist, wer glaubt, dass er es richtig mache und darum Recht haben will, der ist Gott noch lange nicht recht. Das hat Jesus mit der Geschichte vom Pharisäer und vom Zöllner, aus der der heutige Lehrtext stammt, ein für alle Mal klargestellt.
Ist das wirklich so? Ist wirklich jeder ein Sünder und zwar nicht nur hie und da, sondern ständig?
Einer der bekanntesten Experten für die Physik des Motorradfahrens, der selbst schon über 50 Jahre im Sattel sitzt, hat an seinem Lenker einen Fehlerzähler. Das ist so ein kleiner Zähler, mit dem man zum Beispiel Menschen zählen kann, die eine Veranstaltung besuchen. Für jeden drückt man einmal auf den Zähler und am Ende hat man dann die entsprechende Gesamtzahl. Dieser Experte und passionierte Motorradfahrer dürfte doch eigentlich auf seiner Maschine keine Fehler mehr machen, könnte man meinen. Aber so ist es nicht. Er schreibt, dass auch er sich immer wieder dabei ertappt, dass er eine Kurve falsch anfährt, nicht optimal im Sattel sitzt, auch mal vergisst, den Blinker wieder abzustellen oder im falschen Gang anhält. Das alles zählt er. Und wenn er dann von seiner Maschine wieder abgestiegen ist, weiß er, wie viel er falsch gemacht hat und kann sich besser daran erinnern, um für die Zukunft daraus zu lernen.
Sonntag für Sonntag sprechen die Besucher eines Kirchengottesdienstes die Vergebungsbitte: »Der allmächtige Gott erbarme sich unser. Er vergebe uns unsere Sünde und führe uns zum ewigen Leben.« Haben die das denn nötig? Kommt bei denen in der Woche so viel zusammen, dass sie immer wieder so bitten müssen? Nun, ich weiß nicht, wie viele wirklich mit dem Herzen bei der Sache sind, wenn sie um Vergebung bitten. Für viele wird das wohl Gottesdienstroutine sein, etwas, worüber man gar nicht mehr groß nachdenkt. Aber wenn jeder von uns, die wir so bitten, mal eine ganze Woche lang einen Fehler- oder genauer, einen Sündenzähler dabei hätte und bei jedem bösen Gedanken, Gefühle oder Wort, bei bösen Taten oder beim Unterlassen von guten auf den Zähler drücken würde – da käme schon einiges zusammen. Davon bin ich überzeugt.
Doch, doch, ich habe allen Grund, Gott immer wieder um Vergebung zu bitten und keinen, gar keinen, selbstgerecht auf andere herabzuschauen. Ich habe aber auch allen Grund, mich darauf zu verlassen, dass er mir meine Sünden vergibt und den Zähler wieder auf Null stellt.

Gebet:  Gott sei mir Sünder gnädig. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr