Montag, 15. August 2016

Von Guten und Bösen hl

Losung: Die Augen des HERRN sind an allen Orten, sie schauen auf Böse und Gute. Sprüche 15,3

Lehrtext: Das Himmelreich gleicht einem Netz, das ins Meer geworfen ist und Fische aller Art fängt. Matthäus 13,47

Liebe Leserin, lieber Leser,

auf dem heutigen Lehrtext musst du etwas länger herumkauen, bevor du ihn schlucken kannst. Jesus sagt da: "Man kann Gottes neue Welt auch mit einem Netz vergleichen, das ins Meer geworfen wird und in dem viele verschiedene Fische gefangen werden. Wenn das Netz voll ist, zieht man es an Land, setzt sich hin und sortiert die guten Fische in Körbe. Die ungenießbaren aber werden weggeworfen. So wird es auch am Ende der Welt sein. Die Engel werden kommen und die gottlosen Menschen von denen trennen, die so leben, wie Gott es will. Sie werden die Gottlosen in den brennenden Ofen werfen." Matthäus 13,47-49 
Also bitte, da steht es doch schwarz auf weiß in der Bibel, dass die Guten belohnt und die Bösen, also die Gottlosen, auf das Übelste bestraft werden. Es kommt also doch darauf an, »so zu leben, wie Gott es will«, um dem »brennenden Ofen« zu entgehen. Hm, ja, das stimmt. So steht es in der Bibel. So lautet der Zusammenhang des heutigen Lehrtextes. Und so sehen wir betroffen den Vorhang zu und - - - alle Fragen offen. (Marcel Reich-Ranickis Abwandlung eines Brecht-Zitats).
Nein, der Vorhang ist nicht zu. Jesu Gleichnis vom Fischnetz ist nicht das ganze Stück, sondern nur ein Ausschnitt. Wer diesen Ausschnitt verstehen will, muss das ganze Stück kennen, kann also den Lehrtext nur im Gesamtzusammenhang des Wirkens und Lebens Jesu verstehen.
In diesem Gleichnis geht es Jesus nicht darum, uns Menschen die Hölle heiß zu machen. Drohen und Angst machen ist seine Sache nicht. Schließlich bringt er die Frohbotschaft (= Evangelium) und keine Drohbotschaft. Aber worum geht es ihm dann? Damals wie heute gibt es unzweifelhaft böse Menschen, solche, die andere quälen, erniedrigen und zerstören. Da muss man oft gar nicht weit gehen, um sie zu finden. Es gibt sie in Partnerschaften und Familien, in Schulen und am Arbeitsplatz, in Vereinen wie in der Politik. Was soll mit ihnen geschehen? Soll man es ihnen wieder heimzahlen, wenn man endlich die Macht dazu hat? Jesus sagt dazu in unserem Gleichnis ganz klar ‚nein‘. Was mit den Bösen geschehen soll, ist Sache Gottes und seiner Engel und das auch nicht in naher Zukunft, sondern »am Ende der Welt« (siehe oben).
Er ist ganz und gar realistisch und weiß, dass er die Guten nur zusammen mit den Bösen fischt, wenn er Menschen für Gottes neue Welt sammelt. In unserer Welt und Zeit lassen sie sich nicht säuberlich voneinander trennen. Doch ich will das Ganze noch etwas zuspitzen: Weiß ich denn, ob ich wirklich zu den Guten gehöre? Kann ich mich mit dieser Ungewissheit so ohne Weiteres darüber freuen, wenn die Bösen vernichtet werden? Vielleicht geht ja die Grenze zwischen Gut und Böse mitten durch mein Herz. Und wenn es so ist, was dann?
So viel ist mir aus dem Gesamtzusammenhang des Wirkens und Lebens Jesu klar: „Abgerechnet“ wird am Ende und das nicht von mir, sondern von ihm. Und er hat seine ganz besondere Rechenmethode, in der Barmherzigkeit und Vergebung entscheidende Faktoren sind. Schließlich ist er in erster Linie zu den Gottlosen gekommen, um sie für Gott und den Glauben zu gewinnen. Doch er stellt sie nicht nur vor die Entscheidung, um danach ihnen die Schuld geben zu können, wenn sie sich nicht haben gewinnen lassen. Sondern er geht für sie, für mich und für dich, ans Kreuz, um uns da von aller Bosheit und Gottesblindheit zu erlösen.
Ja, »die Augen des Herrn sind an allen Orten, sie schauen auf Böse und Gute.« (Losung) Er wehrt den Bösen und zieht sie zur Rechenschaft nach seinem Willen, nicht nach meinem. Und manchmal muss er auch den Guten wehren, die ihm bisweilen nicht weniger Mühe machen als die Bösen, weil sie immer wieder das tun, was Martin Luther so ausgedrückt hat: »Gut meinen, macht viele Leute weinen.«

Gebet: Herr, ich will vorsichtig sein mit meinem Urteil über andere. Ich sehe ihnen nicht ins Herz, aber du. Und so siehst du auch in mein Herz. Und nicht alles, was du da siehst, wird dir gefallen. Darum spekuliere ich nicht, wer gottlos sein könnte und wie es ihm gehen wird, sondern bin darauf bedacht, wie es mir geht. Und so bitte ich dich um die Kraft, so zu leben, wie du willst. Und ich bitte dich, dass du zu mir barmherzig bist und mir vergibst, was dir nicht gefällt, auch meine Neigung, mich für besser zu halten als manch anderen. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

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Gut gegen Böse - wie in einem Kindermärchen, so einfach hätten wir es gerne. Aber so ist es nicht.  Sondern so:


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