Samstag, 4. Juni 2016

Glaube und Pazifismus hl

Losung: Ich will mich erbarmen über das Haus Juda und will ihnen helfen, aber nicht durch Bogen, Schwert, Rüstung, Ross und Wagen. Hosea 1,7

Lehrtext: So liegt es nun nicht an jemandes Wollen oder Laufen, sondern an Gottes Erbarmen. Römer 9,16

Liebe Leserin, lieber Leser,

was die heutige Losung betrifft, so bin ich nicht neutral. Ich habe zu Krieg, Rüstung und Militär einen eindeutigen Standpunkt. Ich bin Pazifist und lehne jede Form militärischer Gewalt ab. Damit bin ich auch ein Gegner von Rüstungsproduktion in und Waffenexporten aus Deutschland. Das mögen Sie, das magst du anders sehen. Ich sehe es so. 
     Meine Einstellung hat mit meinem Glauben zu tun. Jesus sagt: »Jeder, der zu Waffen greift, wird durch Waffen umkommen« (Matth. 26,52). Er nennt diejenigen selig, die Frieden mit friedlichen Mitteln schaffen (lat.: pacem facere = die Pazifisten sind) und fordert uns auf, die Feinde zu lieben. Auch setzt er die himmlischen Mächte nicht zu seiner Verteidigung und Rettung ein (Matthäus 26,53), sondern geht den Weg der Gewaltlosigkeit konsequent bis ans Ende.
     Ich bewundere die Sekte der Zeugen Jehova in diesem einen Punkt, dass ihre Anhänger den Kriegsdienst verweigert haben und dafür in der Nazizeit ins KZ gegangen sind. Ich bewundere die Freikirche der Quäker in den USA, deren Mitglieder im Sinne Jesu folgerichtig pazifistisch sind und sich nach dem Krieg sofort für die Versöhnung mit uns Deutschen eingesetzt haben. Ich schätze an Margot Käßmann, dass sie auch während ihrer Zeit als oberste Repräsentantin unserer Kirche aus ihrer pazifistischen Gesinnung kein Hehl gemacht hat. 
     Ich leide an meiner evangelisch-lutherischen Volkskirche, die sich zu einer solchen Konsequenz nicht durchringen kann und auf beiden Seiten hinkt: Hier ein bisschen pazifistisch und dort wieder ein bisschen militärisch. Und das immer noch nach zwei Weltkriegen im letzten Jahrhundert.
     Allein im Zweiten Weltkrieg sind weltweit bis zu 70 Millionen Menschen im Krieg und an seinen Folgen gestorben. 70 Millionen! Die meisten von ihnen Zivilisten, also Kinder, Frauen und alte Menschen. Ich kenne die unbewiesenen Argumente, dass man den Nazis nur mit Krieg hat beikommen können. Allein, ich finde, dass der Preis zu hoch war. 
     Andererseits gebe ich der deutschen Widerstandsbewegung und damit Dietrich Bonhoeffer Recht, dass Hitler von verantwortlichen Männern hätte getötet werden müssen, auch um den Krieg vorzeitig zu beenden. Verantwortlich waren diese Männer aber nur deshalb, weil sie ihre Tat vor Gott verantwortet und die Schuld am Attentat auf sich genommen haben. Denn ausnahmslos jeder, der zur Gewalt greift, macht sich schuldig.
     Im heutigen Losungswort sagt Gott, dass er seinem Volk (Haus Juda) nicht mit militärischer Gewalt helfen will, sondern auf seine Weise. Dieses Wort steht wohlgemerkt im Alten Testament! Und auch das steht dort: »Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr« (Sacharja 4,9). Und auch diese Vision findet sich dort, dass einmal die Völker aus ihren Schwerter Pflugscharen schmieden werden (Jesaja 2,4 / Micha 4,3) und die Uniformen und Militärstiefel verbrannt werden sollen (Jesaja 9,4). Dafür setze ich mich ein, jetzt schon.
     Ich wünschte, die verantwortlichen Politiker des Westens, auch unsere, hätten mehr von diesem Geist, statt heute mit Militärmanövern an der russischen Grenze zu provozieren und zu zündeln. Ich wünschte, die US-Armee würde endlich unser Land verlassen und nicht mehr von hier aus ihren schmutzigen Drohnenkrieg führen und mit ihren Hubschraubern über unseren Köpfen das Töten trainieren. 
     Ich bin froh, dass sich unser Land nicht an dem abscheulichen Irakkrieg beteiligt hat und auch nicht am irrsinnigen Bombenkrieg gegen Libyen. Aber unsere Regierungen haben sich in den Afghanistan Krieg drücken lassen und in Kauf genommen, dass deutsche Soldaten und afghanische Zivilisten gestorben sind. Wofür? Jetzt haben wir für das alles die Quittung in Form der Terrororganisation ‚Islamischer Staat‘.
     Ja, bei diesem Thema bin ich einseitig und will es sein. Das müssen alle Leserinnen und Leser, die anderer Meinung sind, jetzt mal aushalten.
     Ob im Kleinen oder im Großen, wir werden in diesem Leben und in dieser Welt nichts mit Gewalt erzwingen, schon gar nichts Gutes (Lehrtext). Entscheidend ist, dass sich Gott unser erbarmt, dass er seine Menschen am Leben erhält und seiner Erde eine friedliche Zukunft gibt. Entscheidend ist, wes Geistes Kind wir sind, wenn es um Konfliktlösungen geht, ob wir Kinder des Geistes von Jesus sind oder von Kriegsgott Mars.

Gebet:
Herr, mache mich zum Werkzeug deines Friedens,
dass ich Liebe übe, wo man hasst,
dass ich verzeihe, wo man mich beleidigt,
dass ich verbinde, wo Streit ist,
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält,
dass ich Licht anzünde, wo die Finsternis regiert,
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.

Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde,
sondern dass ich tröste,
nicht, dass ich verstanden werde,
sondern dass ich verstehe,
nicht dass ich geliebt werde,
sondern dass ich liebe.

Denn wer da hingibt, der empfängt,
wer sich selbst vergisst, der findet,
wer vergibt, dem wird verziehen,
und wer stirbt, erwacht zum ewigen Leben. Amen
(Von der Vereinigung ‚Souvenir Normand‘ aus dem Jahr 1912)

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

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4 Kommentare:

  1. Heute drängt es mich zu m.E. sehr wichtigen Ergänzungen zur Losungsauslegung: die friedliche Revolution zur Wiedervereinigung Deutschlands! Wir haben als "ostdeutsche" Bürger hautnah erlebt, wie durch gemeinsames Gebet, Gottesdienst, Kerzen anzünden usw. eine Armee kapituliert hat! Dass die Nationale Volksarmee der DDR ihre Waffen niedergelegt hat und ein komplettes kommunistisches System ohne Gewalt aufgibt, ist wohl das größte Wunder und einmalig in der Weltgeschichte! Und das "NUR" durch Gebet! Warum wird soetwas so schnell vergessen, wo es doch eine einzigartige Ermutigung und Motivation in unseren unsicheren Zeiten ist!

    Noch ein Beispiel für den gewaltlosen Einsatz für viele Juden im Weltkrieg ist Oskar Schindler, der durch "Schindlers Liste" mit Klugheit, Diplomatie und Kooperation mit den "Feinden" auf einzigartige Weise vielen Juden das Leben rettete.

    Abschließend ist unsere Meinung, dass jedes Land ein Recht auf seine Armee hat, diese aber nur und ausschließlich zum Schutz und zur Verteidigung seiner eigenen Bevölkerung einsetzen sollte. Und da ist es unsere Aufgabe als Christen, unsere Regierung im Gebet zu unterstützen (so wie damals zur friedlichen Revolution in der DDR)!

    Vielen herzlichen Dank an dieser Stelle für die guten, ermutigenden und glaubensstärkenden täglichen Impulse, für dieses "gesunde geistliche Frühstück"!

    Gottes Segen und viele Grüße von Mechthild

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  2. Vielen Dank, liebe Mechthild Bretschneider, für Ihren Kommentar und die freundliche Rückmeldung zu den Losungsauslegungen.
    Hans Löhr

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  3. Ich sehe Christen auch zu striktem Pazifismus verpflichtet. Die Bergpredigt ebenso wie Jesu sonstiges Lehren und Leben gibt nichts anderes her. Alle Versuche, das zu relativieren (z. B. Luthers "Ob Kriegsleute seligen Stands sein können") oder so etwas wie eine christliche Verantwortungsethik daneben zu etablieren, überschreiten irgendwo die rote Linie. Wir sollen das Salz der Erde sein, nicht mehr.

    Und trotzdem, angesichts dessen, was z. B. der Daesh (sog. IS) im Nahen Osten tut, kommen mir immer wieder Zweifel, ob man dem nur pazifistisch entgegentreten kann.

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  4. Ja, Thomas Jakob, genau so geht es mir auch. Nur renne ich mit meinen Zweifeln immer wieder hinter den Folgen militärischer Gewalt her. Ich war aufgrund meiner pazifistischen Einstellung z.B. gegen den Irakkrieg, den Afghanistankrieg, die Bomben auf Libyen etc. Ich habe mit großer Sorge gesehen, wie westliche Geheimdienste dazu beigetragen haben, die Regierungen im Nahen Osten (Syrien, Ägypten,...) und in der Ukraine im Namen der "Freiheit", in Wirklichkeit im Namen der Profitgier zu destabilisieren. Wie die USA die Taliban erst aufgerüstet haben und jetzt bekämpfen, den Irak gegen Persien erst aufgerüstet haben und dann zerschlagen. Die Rüstungsindustrie verdient so oder so daran. Jetzt mordet die Terrororganisation 'Islamischer Staat' auch mit Waffen aus dem Westen und treibt zahllose Menschen in die Flucht und in den Tod. Ich verstehe, dass der Ratsvorsitzende Bedford-Strohm militärische Hilfe für die Jesiden fordert. Wenn ich wie er vor Ort gewesen wäre, hätte ich das angesichts der Verzweiflung vielleicht auch getan. Aber Jesus sagt zutreffend: "Ihr könnt nicht den Teufel (Islamischer Staat) mit dem Beelzebub (Waffen, Bomben und Militär aus dem Westen) austreiben", zumal der Beelzebub in diesem Fall der Vater des Teufels ist. Gerade weil so viele aus nachvollziehbaren Gründen für militärische Gewalt gegen die Terrororganisation sind, halte ich das kleine Fähnlein des Pazifismus hoch. Es braucht meines Erachtens dieses schwache Zeichen einer Alternative, um wenigstens in die, wie ich meine, richtige Richtung zu Frieden und Versöhnung zu weisen.

    Ich grüße Sie vielmals
    Hans Löhr

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