Freitag, 4. Dezember 2015

Auf derselben Stufe hl

Losung: Alle hoffärtigen Augen werden erniedrigt werden, und, die stolze Männer sind, werden sich beugen müssen; der HERR aber wird allein hoch sein an jenem Tage. Jesaja 2,11

Lehrtext: Es ist kein Ansehen der Person vor Gott. Römer 2,11

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Vor Gott sind alle Menschen gleich« – Dieser biblische Satz hatte eine unglaubliche Wirkung. Paulus, der ihn geschrieben hatte, bezog ihn zunächst auf Juden und Heiden. Er sagte damit, dass auch die Rechtgläubigen (Juden) gegenüber den Heiden vor Gott nicht im Vorteil sind, was ihr Verhalten betrifft. Doch der Satz wirkte weiter bis hinein in die Magna Charta, die Reformation, die französische Revolution, in die Verfassung der Vereinigten Staaten und seitdem in die Verfassungen der neuzeitlichen Demokratien. Manchmal wurde dieser Satz säkularisiert. Dann heißt er: „Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich“ oder „Alle Menschen haben die gleichen und unveräußerlichen Grundrechte“. In der Nazizeit von 1933-1945 wurde dieser Grundsatz außer Kraft gesetzt, so wie es auch heute noch Länder gibt, in denen er (noch) nicht gilt. Umso froher und dankbarer können wir sein, in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat zu leben, wo wir einklagbare Rechte haben und jedem Menschen dieselbe Würde zukommt, er sei deutsch, Ausländer oder Flüchtling.
Die Losung heute im Zusammenhang mit den vorausgehenden Versen gelesen, empfinde ich als eine Mahnung. In einer neueren Übersetzung heißen die Bibelverse: »Israel hat in jeder Hinsicht Überfluss: Das Land ist voll von Gold, Silber und anderen Schätzen;…  Doch auch mit Götzenstatuen ist das Land übersät. Vor selbst gemachten Figuren werfen die Menschen sich nieder und beten sie an… Es kommt der Tag, an dem der Hochmut der Menschen ein Ende hat und ihr Stolz gebrochen wird. Dann wird nur einer groß sein: der Herr!« Für mich ist die Parallele zu unserer Situation heute unübersehbar. Auch wir in Deutschland leben im Überfluss. Auch unser Land »ist voll von Gold, Silber und anderen Schätzen« und ich habe den Eindruck, dass sich viele vor »selbst gemachten Figuren« niederwerfen, und in der Konsum- und Waren-Welt Gott verloren haben. Wird er uns dafür bestrafen? Ich glaube nicht. Ich glaube aber, dass ich mich selbst bestrafe, wenn ich mich überhebe, hochmütig werde und meine, auf Gott und seine Gebote nicht mehr achten zu müssen. Wie heißt es an anderer Stelle in der Bibel (Buch der Sprüche): »Hochmut kommt vor dem Fall.«

Gebet: Herr, bewahre mich vor jeder Art des Hochmutes. Ich weiß doch, dass ich mit allen anderen Menschen vor dir auf derselben Stufe stehe: neben einem muslimischen Mädchen und einem jüdischen Jungen, neben einem atheistischen Mann und einer buddhistischen Frau, neben einem behinderten Kind und einem demenzkranken Greis, neben einem afrikanischen Waisenkind und einem Slumbewohner aus Südamerika, neben Vladimir Putin und Barack Obama. Sie alle sind meine Schwestern und Brüder, weil du unser gemeinsamer Vater bist. Amen

Herzliche Grüße

Ihr / dein Hans Löhr

Die Herrnhuter Losungen bestehen aus einer Sammlung von kurzen Bibeltexten des Alten und des Neuen Testamentes. Für jeden Tag des Jahres wird ein Bibelwort aus dem Alten Testament aus einer Sammlung von 1.824 Versen ausgelost (= Losung), das dem Leser als Leitwort oder guter Gedanke für den Tag dienen kann. Aus dem Neuen Testament wird durch einen Mitarbeiter der Herrnhuter Brüdergemeine ein so genannter „Lehrtext“ gewählt, der üblicherweise in einem Bezug zu dem gelosten alttestamentlichen Vers steht. Die ‚Losungen‘ gehen auf Nikolaus Graf von Zinzendorf zurück und erscheinen seit 1721. Sie gelten als überkonfessionell, da sie für alle Christen, egal welcher Konfession, erstellt werden. Sie werden in 61 Sprachen übersetzt und erscheinen als Druckausgabe im deutschen Sprachraum in einer jährlichen Auflage von über einer Million Exemplaren. Hans Löhr und Elfriede Bezold-Löhr schreiben seit 2010 zu den ‚Losungen‘ kurze Auslegungen und Gebete. 

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