Sonntag, 11. Januar 2015

Persönlicher Betreuer (Predigt) hl

Predigt von Hans Löhr am ersten Sonntag nach Epiphanias, 11.1.2015
Predigttext: Jesaja 42,1-9 (Auswahl)
Thema: Persönlicher Betreuer

Liebe Gemeinde,
hat jemand von euch einen ‚personal trainer‘, einen der dich für 130 Euro die Stunde persönlich trainiert und individuell betreut? Niemand? Also die Reichen und Berühmten in unserem Land haben solche Trainer. Da musst du dich dann nicht mehr selber zum Joggen oder Laufen aufraffen. Da kommt einer ins Haus und macht mit dir das entsprechende Programm. Nicht schlecht, was? Aber 120 Euro die Stunde?
Daneben gibt es auch noch Psychologen und Psychotherapeuten, die sich um deine innere Verfassung bemühen. Besonders in persönlichen Krisenzeiten ist es gut, wenn dich solche Fachkräfte unterstützen und dir helfen, wieder in die Spur zu kommen. Doch eine solche Begleitung gibt es in der Regel nur auf Zeit und nicht lebenslang. Das wäre auch zu teuer.
Nicht jeder will oder kann sich eine solche persönliche Betreuung leisten. Vieles kann man ja auch aus eigenem Antrieb oder mit Unterstützung von Freunden oder Angehörigen tun. Und doch wäre es gut, wenn es einen solchen persönlichen Begleiter gäbe, der dich in allen Lebenslagen unterstützt.
Damit sind wir beim heutigen Bibelwort für die Predigt. Es steht beim Propheten Jesaja im Kapitel 42 und lautet:
Der Herr spricht: "Seht, hier ist mein Bote. Ich habe ihm meinen Geist gegeben, und er wird den Menschen mein Recht verkünden. Aber er schreit es nicht hinaus; er ruft nicht laut und lässt seine Stimme nicht durch die Straßen der Stadt hallen. Das geknickte Schilfrohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen. Unbeirrbar sagt er allen, was wahr und richtig ist. Du, mein Bote, wirst den Menschen zeigen, was ich von ihnen will, ja, für alle Menschen mache ich dich zu einem Licht, das ihnen den Weg zu mir zeigt. Den Blinden sollst du das Augenlicht geben und die Gefangenen aus ihren Zellen holen. Alle, die in Finsternis sitzen, sollst du aus ihrer Gefangenschaft befreien.“
Dieser Bote, von dem Gott spricht, ist so etwas wie ein ‚personal trainer‘. Gott schickt ihn nicht zu dir allein, sondern zu allen Menschen, die den Weg zu Gott suchen. Aber er schickt ihn auch zu dir ganz persönlich. Denn was Gott in der Bibel sagt, das gilt nicht irgendwem, das gilt dir und mir - ganz persönlich.
Schon immer haben Christen gesagt, dass dieser ‚Bote‘, von dem im Alten Testament die Rede ist, Jesus Christus selbst sei. Und ich schließe mich diesem Glauben an. Aber brauchen wir ihn denn als ‚personal trainer‘, als persönlichen Begleiter und Betreuer? Brauchst du ihn?
Ich möchte jetzt einmal von mir sprechen, warum ich meine, dass ich Jesus im Alltag brauche. Zuallererst begegnet mir in ihm Gott selbst. Durch ihn kann ich eine persönliche Beziehung zu Gott haben. Ohne ihn wäre Gott ein unvorstellbares, abstraktes Wesen, irgendetwas Höheres, das mir letztlich fremd bleibt. Ein inzwischen verstorbener Kirchenvorsteher sagte einmal zu mir: „Herr Pfarrer, da droben muss etwas sein.“ Er glaubte, dass es eine höhere Macht gebe. Aber er kannte sie nicht. Sie war für ihn trotz zahlloser Stunden Religions- und Konfirmandenunterricht, trotz Christenlehre und Predigten ein „Etwas“, nicht erkennbar, nicht beschreibbar und darum hatte er offenbar auch kein persönliches Verhältnis zu Gott.
Mir ist das zu wenig. Manchmal wache ich nachts auf, weil mich irgendein Traum beunruhigt hat. Und dann liege ich wach und denke über dies und das nach. Und wenn ich nicht aufpasse, gleiten meine Gedanken in eine Abwärtsspirale. Dann mache ich mir Sorgen, wie es mit mir weitergeht, auch gesundheitlich oder was aus meinen Kindern wird. Oder ich mache mir Vorwürfe, dass ich dies und jenes in meinem Leben hätte anders machen müssen. 0der ich trauere dem nach, was ich mir mal erträumt habe, was aber nicht eingetreten ist und bilde mir ein, dass andere mehr Glück in ihrem Leben haben. Wenn es mir so geht, dann ziehe ich die Notbremse: Ich lege meine Hände zusammen und sage: „Himmlischer Vater, ich will diese negativen Gedanken jetzt nicht haben. Und darum danke ich dir für das, was jetzt gut ist... Natürlich hätte mir dies oder jenes auch noch gefallen. Aber du hast mir auch so schon so viel in meinem Leben gegeben, was mich zufrieden und froh macht. Du bist mir in Jesus nahe gekommen und zu mir freundlich und gütig, Du verzeihst mir meine Schwächen und meine Schuld. Immer wieder hast du geholfen und wirst das auch weiterhin tun. Auch jetzt bist Du da und umgibst mich von allen Seiten. In deiner Nähe fühle ich mich geborgen. Da kann ich loslassen, was mich beunruhigt und es dir abgeben. Gib mir deinen Frieden, dass ich jetzt weiterschlafen kann. Amen.“
Ja, liebe Freunde, manchmal fühle ich mich wie ein geknicktes Rohr oder ein glimmender Docht. Dann bin ich nicht so stark, wie ich nach außen vielleicht erscheine. Dann tut es mir gut, dass mich mein Herr nicht anbrüllt wie ein Spieß auf dem Kasernenhof, sondern mit leiser Stimme mir gut zuredet. Dann tut es mir gut, dass er mich nicht noch fertig macht, wenn ich ohnehin schon schwermütig bin, nicht zerbricht, wenn ich schon geknickt bin und den letzten Funken Selbstvertrauen nicht noch austritt, wenn ich ohnehin schon an mir zweifle. Dann tut es mir gut, dass er ein warmes und tröstendes Licht für mich ist, das mich befreit, wenn ich in meinen schwarzen Gedanken gefangen bin.
Haben wir nicht einen wunderbaren, liebevollen und fürsorglichen Gott, der sich so ganz persönlich um jeden einzelnen von uns kümmert? Ich sehe das wenigstens so und wünsche euch, dass ihr das auch so sehen könnt. Er lässt mich nicht im Stich und dich auch nicht. Daran glaube ich. Und er zeigt mir, was er von mir will, dass ich in allen Lebenslagen ihm vertraue, bei allen Entscheidungen ihn frage und meinen Mitmenschen so begegne, wie er mir begegnet. Das ist eine Aufgabe, die meinem Leben Sinn gibt.
Dieser Gott setzt seinen Willen nicht mit Gewalt durch und will auch nicht, dass ich einem anderen Gottes Willen aufzwinge. Er lässt sich nicht beleidigen von dummen Sprüchen oder Karikaturen. Und er will auch nicht, dass ich seinetwegen beleidigt bin. Darum sagt Jesus: »Segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen.« (Lukas 6,28)  
Es ist nicht meine Aufgabe, andere Menschen zu nötigen, dass sie glauben wie ich glaube. Aber es ist meine Aufgabe, dass ich durch mein Beispiel andere zu meinem Glauben einlade. Die Welt ist nicht so, wie ich sie gern hätte. Aber ich kann einen kleinen Beitrag leisten, dass sie ein bisschen menschenfreundlicher und friedlicher wird. Meine Waffen als Christ in diesem Kampf heißen heißen nicht Sturmgewehr, Bomben und Geiseln, sondern Glaube, Liebe, Hoffnung. Es wäre schön, wenn wir uns gemeinsam dafür einsetzten.
Wir sind dabei ja nicht allein, sondern Gott gibt uns dazu seinen Boten, den ‚personal trainer‘, den persönlichen Begleiter Jesus Christus. Ich glaube, wir brauchen ihn für ein friedliches Zusammenleben im Kleinen wie im Großen. Und ich brauche ihn für mich ganz persönlich. Amen

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