Mittwoch, 19. März 2014

„Ich hab doch keine Sünden mehr." hl

Losung: Ich will sie retten von allen ihren Abwegen, auf denen sie gesündigt haben, und will sie reinigen, und sie sollen mein Volk sein. Hesekiel 37,23

Lehrtext: Jesus Christus hat sich selbst für uns gegeben, damit er uns erlöste von aller Ungerechtigkeit und reinigte sich selbst ein Volk zum Eigentum, das eifrig wäre zu guten Werken. (Andere Übersetzung: Jesus Christus hat sein Leben für uns gegeben, um uns von aller Schuld zu befreien und sich so ein reines Volk zu schaffen, das nur ihm gehört und alles daran setzt, das Gute zu tun. Titus 2,14

Liebe Leserin, lieber Leser,

»Herr Pfarrer, ich hab doch keine Sünden mehr«, sagte die alte Dame zu mir als ich mit ihr im Seniorenheim Beichte und Abendmahl feiern wollte. Nun ja, eine Witwe von 87 Jahren kann schwerlich ihren Mann betrügen und gegen das sechste Gebot verstoßen. Sie wird auch nicht (mehr) eine Bank überfallen und gegen das siebte Gebot verstoßen. Sie wird auch nicht ihre (böse) Schwiegermutter vergiften und gegen das fünfte Gebot verstoßen. Und sie wird auch nicht mehr gegen das vierte Gebot verstoßen können, in dem es heißt: »Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren.« Dieser Sünden kann sie sich nicht mehr schuldig machen. Aber war es das dann schon?
Ich denke, dass es ein Missverständnis ist, die Sünde auf Sex and Crime (Verbrechen) zu begrenzen. Wer das meint, hat wohl zu viele Kriminalromane gelesen. Sünde, von der in der heutigen Losung und dem Lehrtext die Rede ist, geht tiefer, viel tiefer. Ein Sünder ist jemand wie ich, der morgens und abends und vor den Mahlzeiten schnell mal betet, aber sonst über weite Strecken des Tages den lieben Gott einen guten Mann sein lässt. Einer, der viele Entscheidungen ohne Gott trifft. Der weithin seine Interessen verfolgt und dabei die Bedürfnisse anderer aus den Augen verliert. Einer, der sich nicht am eigenen Schopf aus dem Sumpf seiner Gottesferne ziehen kann, sondern darauf angewiesen ist, dass da einer kommt, ihm die Hand hingestreckt und daraus befreit. Das tut Jesus, auf Deutsch: der „Gott-hilft“, der meine Sünde auf sich nimmt und mir dafür seine Unschuld schenkt. Der mich vom Schmutz jenes Sumpfes reinigt, damit ich vor Gott, dem Heiligen, leben kann.
Als Christ weiß ich: Ich bin und bleibe ein Sünder, aber einer, dem seine Schuld vergeben ist und immer wieder vergeben wird, weil Christus mich nicht verloren gibt. Er will mich in die Gemeinschaft mit Gott zurück bringen. Dafür ist er in diese Welt und in mein Leben gekommen. Dafür ist er für mich ans Kreuz gegangen. Und für Dich auch.
»Herr Pfarrer, ich hab doch keine Sünden mehr.« »Doch, gute Frau, und darum beichten wir jetzt gemeinsam, Sie und ich.«

Gebet: Herr Jesus, gut dass du da bist und auf mich achtest, damit ich mich nicht in dieser Zeit verliere und dich dazu. Amen

Herzliche Grüße


Hans Löhr 

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