Dienstag, 24. Dezember 2013

Heiliger Abend 2013: Es kommt ein Schiff hl

Christvesper 2013. Predigt zum Lied: „Es kommt ein Schiff, geladen…“ von Hans Löhr

Liebe Freunde,

weit her, aus dem Nebel der Vergangenheit kommt ein geheimnisvolles Schiff. Lautlos treibt es auf dem Meer der Zeit, bewegt von Gottes Atem gleitet es dahin auf der Suche nach einem Hafen, wo es die kostbare Ladung löschen kann. Es bringt den Sohn Gottes zu denen, die auf ihn warten.

Doch da geschieht etwas Besonderes: das Schiff wächst und wächst. Aus den hölzernen Planken werden Wände aus Stahl. Große Aufbauten streben an Deck in die Höhe. Jetzt können alle sehen, wie es an Afrikas Westküste entlang fährt und alle paar Monate einen Hafen nach dem anderen anläuft. In diesen Tagen ankert es in Point-Noire, der Hafenstadt des Kongo. Die Nachricht von seiner Ankunft verbreitet sich in Windeseile im ganzen Land und darüber hinaus.
Und dann kommen sie, die Blinden und Kranken. Sie laufen oft weit über 100 km, angetrieben von der Hoffnung, geheilt zu werden. Denn das Schiff, eine ehemalige Fähre, wurde zum größten schwimmenden Krankenhaus umgebaut für die Ärmsten der Armen. »Africa Mercy«, Gnade für Afrika, so heißt diese Schiff. Es gehört zu einer kleinen Flotte ähnlicher Schiffe, die zeitgleich auf den Weltmeeren unterwegs sind. Und das ist bis jetzt auf ihnen geschehen: 33.000 Menschen konnte das Augenlicht wiedergegeben werden. 67.000 wurden operiert, darunter viele Kinder. 300.000 Zahnbehandlungen wurden durchgeführt. Alle die kamen, wurden kostenlos medizinisch versorgt. Fast allen von ihnen konnte geholfen werden.
Wer auf dem Schiff arbeiten will, ob als Arzt oder Mitglied des Pflegepersonals oder als Teil der Mannschaft, tut das auf eigene Kosten. Auch die Anreise, Verpflegung und Unterkunft müssen von der Besatzung aus eigener Tasche bezahlt werden. Es ist für alle eine Ehre, auf diesem Schiff zu arbeiten. Die „Africa Mercy“ mit ihren Operationssälen und teuren medizinischen Geräten wird aus Spendengeldern finanziert. In einem großen, öffentlichen Raum hängt ein Schild auf dem steht: »Wir folgen dem Beispiel von Jesus.« Ein Arzt sagt: »Ich glaube, dass wir mit unseren Schiffen ein Ausdruck von Gottes Liebe für die Menschen sind egal, woher sie kommen, was sie denken
oder glauben.«
„Es kommt ein Schiff geladen, bis an sein höchsten Bord, trägt Gottes Sohn voll Gnaden, des Vaters ewig Wort.« Für viele Menschen in Afrika und in anderen Teilen der Welt ist das nicht nur ein Vers mit schönen Worten, sondern Wirklichkeit.

Vor 68 Jahren erreichte das Schiff ein Straflager für Sudetendeutsche mitten in Tschechien. Russen und Tschechen rächen sich für die Gräueltaten der Deutschen während des Krieges in ihrem Land. Jetzt sind sie es, die den Feind misshandeln. Sie töten und vergewaltigenden wahllos und willkürlich. Ein 14 jähriges Mädchen, eine Sudetendeutsche, ist im Lager lebensgefährlich erkrankt. Die Männer fürchten, sich anzustecken und überlassen sie ihrem Schicksal. Sie wird unter den Bedingungen des Lagerlebens sowieso bald sterben. Da kommt ein junger Russe und kümmert sich um die Kranke. Er stiehlt für sie Essen und Medikamente. Das Mädchen überlebt unbeschadet. Bald wird es mit anderen entlassen und aus seiner Heimat vertrieben. Es kommt in unsere Gegend. Heute lebt die Frau immer noch. Den jungen russischen Soldaten, der doch eigentlich ihr Feind war, hat sie nicht vergessen.
„Es kommt ein Schiff geladen… Sein Segel ist die Liebe, der Heilig Geist der Mast.“

Das Schiff mit der kostbaren Fracht kommt auch in unserer Dörfer. In einem von ihnen ist die Oma ein Pflegefall geworden. Ihre Kinder wollen, dass sie daheim bleiben kann. „Früher“, so sagen sie, „früher hat sie so viel für uns getan. Jetzt geben wir ihr etwas davon zurück.“ Einfach ist das nicht, sich rund um die Uhr bei der Pflege abzuwechseln. Aber sie tun es und sie schaffen es. „Sein Segel ist die Liebe…“

An diesem Weihnachten ankert das geheimnisvolle Schiff vor einer Kirche in Shubra, einem Stadtteil von Kairo. Die wenigen Christen in Ägypten haben Angst vor Terroranschlägen radikaler Islamisten. Während sie heuer in der Kirche den Weihnachtsgottesdienst feiern, wird vor der Tür der muslimische Salafist Hamdi mit ein paar seiner Männer stehen. Sie werden bewaffnet sein mit Pistolen und Gewehren. Und der Moslem wird die feiernde Christengemeinde schützen wie schon im August, als er die Kirche 15 Tage gegen den muslimischen Mob verteidigte, der sie niederbrennen wollte.

Das Schiff fährt und fährt und sucht einen Hafen, wo es anlegen  kann. Heute ist es lautlos zu uns (in die Kirche) eingelaufen. Wo ist hier ein offenes Herz für die kostbare Fracht, für den „Gottes Sohn voll Gnaden“, für das Kind der Liebe?
Das Schiff kommt zu dir. Es bringt dir das Jesuskind „Gott hilft“ heißt sein Name, heißt Jesus auf Deutsch. Hast du in deinem Herzen Platz für ihn? Er kommt um dir zu helfen. Aber er kommt auch, um anderen durch dich zu helfen.
„Der Anker haft‘ auf Erden, da ist das Schiff an Land. Das Wort will Fleisch uns werden. Der Sohn ist uns gesandt.“
Damals, in Bethlehem, ist das Wort in dem Krippenkind Fleisch geworden, hat es Hand und Fuß bekommen, hat die Verlorenen aufgesucht und die Kranken geheilt, hat getröstet und Schuld vergeben. Auf der „Africa Mercy“ hat das göttliche Wort die Hände und Füße der Schiffsbesatzung bekommen, in Tschechien die jenes jungen Russen, in unseren Dörfern sind dem Wort ‚Liebe‘ die Hände und Füße der pflegenden Kinder zugewachsen. In Kairo hält diese Hand ein Gewehr.
Heute braucht dieses Wort, deine Hände, deine Füße deine Augen und Ohren, deinen Mund und dein Herz. Und du kannst froh und dankbar sein, wenn du soweit gesund bist und es dir soweit gut geht, dass du genügend Kraft und Mittel hast, anderen zu helfen. Das tut auch dir gut.

„Zu Bethlehem geboren, im Stall ein Kindelein, gibt sich für uns verloren; gelobet muss es sein!“
Warum ist Jesus wie ein Obdachloser in einem Stall geboren? Weil es tiefer nicht mehr geht. So bringt ihn das Schiff mit dem Segel der Liebe zu den Elenden und Armen. Es bringt ihn, das Kind aus der Futterkrippe und den Mann am Kreuz, der nach unseren Maßstäben ein Verlierer ist, zu den Verlorenen: zu den Kranken in Westafrika, zu dem verlorenen Mädchen im Straflager, zur pflegebedürftigen Oma, zu den bedrohten Christen in Ägypten.
Weit her, aus dem Nebel der Vergangenheit kommt ein geheimnisvolles Schiff. Lautlos treibt es auf dem Meer der Zeit, bewegt von Gottes Atem gleitet es dahin auf der Suche nach einem Hafen, wo es die kostbare Ladung löschen kann. Es bringt das Kind der Liebe zu denen, die darauf warten. Es bringt den Sohn des Höchsten in die tiefsten Tiefen menschlicher Existenz. Es bringt ihn auch zu dir. Kein Leid, das du erlebst, kein Abgrund, in den du stürzt, keine Angst und keine Depression ist so tief, dass Jesus dich dort nicht finden und daraus nicht retten könnte. Weil er selbst in dieser Welt zu den Verlorenen gehörte, ist niemand verloren, der an ihn glaubt.
Und darum singen wir auch an diesem Heiligen Abend wieder:
»Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freue dich, freue dich, o Christenheit!«
Amen

Link zur Predigt: mercyships.de
Das Lied „Es kommt ein Schiff geladen“ steht im Evang. Gesangbuch unter der Nummer 8 Verse 1 bis 4 und im katholischen Gotteslob.

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